Weltklimarat: Mittelmeerraum ist ein "Hotspot des Klimawandels"

Paris. Seit Wochen leidet Südeuropa unter extremer Hitze - bei Waldbränden in Griechenland gingen mehr als 100.000 Hektar Land in Flammen auf, in Italien wurde mit 48,8 Grad auf Sizilien ein neuer Temperaturrekord gemessen. Laut dem Entwurf für den zweiten Teil des Sachstandsberichts des Weltklimarates IPCC könnte der Mittelmeerraum infolge des Klimawandels in Zukunft noch weitaus schlimmere Hitzewellen, Dürren und Brände erleben.



Die Region mit ihren rund 500 Millionen Einwohnern gelte als "Hotspot des Klimawandels", heißt es in einem Kapitel über die Region der IPCC-Arbeitsgruppe II, die sich mit den Folgen der Erderwärmung befasst.



Die Temperaturen im Mittelmeerraum würden in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich schneller ansteigen als im weltweiten Durchschnitt, warnt der IPCC. Dies werde wichtige Bereiche wie die Landwirtschaft, Fischerei und den Tourismus unter Druck setzen. Dutzende Millionen Menschen würden von zunehmendem Wassermangel, Küstenüberschwemmungen und potenziell tödlicher Hitze betroffen sein.



In einigen Regionen des Mittelmeerraums könnten die landwirtschaftlichen Erträge aus dem Regenfeldbau demnach um 64 Prozent zurückgehen. Die Fläche abgebrannter Wälder werde bei einer Erderwärmung von zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um 87 Prozent zunehmen, bei einem Anstieg um drei Grad sogar um 187 Prozent. Derzeit hat sich die Erde bereits um 1,1 Grad erwärmt.



Nur eine Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad, könne "wahrscheinlich Küstensiedlungen, Kulturerbe-Stätten, Land- und Meeresökosysteme in den meisten Gebieten des Mittelmeerraums in einem lebensfähigen Zustand erhalten", heißt es in dem Entwurf.



Hitzewellen seien die größte Bedrohung für den Mittelmeerraum, da sie "bei weitem die tödlichsten Extremereignisse in Europa" darstellten, sagte Friederike Otto von der Universität Oxford AFP. Laut dem IPCC-Entwurf könnten bis zum Jahr 2050 bis zu 93 Millionen Menschen zusätzlich an den nördlich gelegenen Küsten des Mittelmeers von Hitzewellen betroffen sein.



Im Nahen Osten und in Nordafrika könnte sich das Risiko älterer Menschen, an den Folgen extremer Hitze zu sterben, bis zum Jahr 2100 um das Drei- bis Dreißigfache erhöhen. Die Zahl hitzebedingter Todesfälle im nördlichen Mittelmeerraum könnte bis 2050 auf 20.000 pro Jahr steigen.



Das Risiko von Bränden und Überschwemmungen könnten Regierungen mit praktischen Schritten reduzieren, sagt Ilan Kelman vom University College London. "Bei Hitze ist es anders. Der Klimawandel bringt uns in Bereiche, in denen wir nicht überleben können." Die einzige Möglichkeit zu überleben sei "Klimatisierung rund um die Uhr", fügt Kelman hinzu. "Und das können sich die Menschen nicht leisten. Es wird zu Stromausfällen kommen."



Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wertet für Entscheidungsträger in aller Welt wissenschaftliche Studien zum Klimawandel aus und formuliert Schlussfolgerungen als Handlungsorientierung für seine rund 195 Mitgliedstaaten. Der erste Teil des IPCC-Sachstandberichts, der wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel zusammenfasst, wurde am vergangenen Montag in Genf vorgestellt. Der zweite Teil, dessen Entwurf AFP vorliegt, soll im Februar veröffentlicht werden. (AFP)