Türkische Staatsbeamte im Mordfall des Journalisten Hrant Dink vor Gericht

Berlin. In Istanbul fällt am Freitag das Urteil gegen mehrere beschuldigte Staatsbeamte im Fall des vor 14 Jahren ermordeten türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, nichts unternommen zu haben, um die Tat zu verhindern. Insgesamt sind 76 Staatsbedienstete angeklagt - darunter ehemals hochrangige Beamte aus der Führungsetage der Polizei und des Geheimdienstes. Diejenigen von ihnen, die direkt an der Planung und Organisation des Mordes beteiligt gewesen sein sollen, müssen sich in einem getrennten Verfahren verantworten.



Hrant Dink, der Chefredakteur der Zeitung "Agos", war im Januar 2007 auf der Straße vor der Redaktion im Zentrum Istanbuls mit zwei Schüssen in den Kopf getötet worden. Der Journalist galt unter Nationalisten als verhasst, weil er dafür eintrat, die türkischen Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als Völkermord anzuerkennen, und sich für die Versöhnung von Armeniern und Türken einsetzte.



Der Täter, der damals 17-jährige Nationalist Ogün Samast, wurde 2011 zu fast 23 Jahren Haft verurteilt. Der arbeitslose Schulabbrecher hatte gestanden, Dink erschossen zu haben. Auch mehrere Hintermänner wurden in den vergangenen Jahren zu langen Haftstrafen verurteilt. Für einen Skandal sorgte die Enthüllung, dass die Sicherheitskräfte über die Mordpläne informiert gewesen sein sollen, aber nicht einschritten.



Für 17 Angeklagte hat die Staatsanwaltschaft verschärfte lebenslängliche Freiheitsstrafen gefordert. Die Anwälte von Dinks Hinterbliebenen äußerten sich gegenüber örtlichen Medien enttäuscht über das Verfahren. Der Anwalt Hakan Bakircioglu warf der Staatsanwaltschaft vor, die Vorgänge, die zu Dinks Ermordung führten, nicht ausreichend untersucht zu haben. Er verwies darauf, dass Dink vor seinem Tod von der Presse angefeindet und von nationalistischen Gruppen bedroht worden sei.



Die Anwälte kritisierten zudem, dass Schlüsselfiguren in dem Fall - unter anderen der ehemalige Chef der Istanbuler Polizei, Celalettin Cerrah - nur wegen "fahrlässiger Pflichtverletzung" angeklagt seien. (AFP)