Debatte um Antisemitismusbeauftragten Felix Klein nach offenem Brief

Der Zentralrat der Juden hat sich hinter den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, gestellt. "Der Vorwurf, er unterdrücke Debatten und wolle Kritiker der israelischen Regierung mundtot machen, ist haltlos und in unseren Augen auch respektlos", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Mittwoch in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Vielmehr erfülle Klein sein Amt mit Sachkompetenz, Empathie und Engagement.



Zuvor hatten mehr als 60 Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler ebenfalls in einem Offenen Brief an die Kanzlerin vor einem "inflationären Gebrauch des Antisemitismus-Begriffs" gewarnt und Klein die Unterstützung rechtspopulistischer israelischer Stimmen vorgeworfen. Damit lenke er "die Aufmerksamkeit von realen antisemitischen Gesinnungen und Ausschreitungen ab, die jüdisches Leben in Deutschland tatsächlich gefährden".

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen die Historiker Wolfgang Benz und Moshe Zimmermann, die Schriftsteller Christoph Hein, Sten Nadolny und Gabriele von Arnim und der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik.



Der Zentralrat wiederum betonte, dass sich durch die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten nach der vergangenen Bundestagswahl die Aufmerksamkeit für das Thema erhöht habe. "Die Antisemitismusbeauftragten legen den Finger in die Wunde und thematisieren antisemitische Vorfälle oder Äußerungen, die früher eher im Verborgenen blieben", heißt es in dem Brief des Zentralrats. Besonders in Bezug auf erstarkenden Rechtspopulismus sowie -extremismus sei dies eine positive Entwicklung.



Schuster kritisierte weiter, dass Antisemitismus häufig als Kritik am israelischen Staat kaschiert werde. Klein und seine Kollegen auf Länderebene zeigten seiner Ansicht nach auf, "wo der jüdische Staat dafür herhalten muss, um Judenfeindlichkeit zu transportieren".



Unterdessen erklärte Antisemitismus-Forscher Benz am Donnerstag im Deutschlandfunk, es sei falsch, "wenn man die Diskussion über Antisemitismus und die Definition, was ist Judenfeindschaft, eingrenzt auf politische Motive". So sei die umstrittene BDS-Bewegung "an sich nicht judenfeindlich. Sie empfiehlt ein politisches Mittel, um eine politische Absicht durchzusetzen“. Seit 2005 rufen propalästinensische Aktivisten unter den Stichworten "Boykott, Divestment, Sanctions" zum Boykott israelischer Waren und Produkte auf.



Diese Aufrufe, die er persönlich "unfair, blödsinnig, dumm und falsch" finde, richteten sich gegen die Politik des Staates Israel, betonte Benz. "Es geht nicht um Juden." Auch sei es nicht antisemitisch, Annexionspläne Israels zu kritisieren.



Auch er werde bisweilen als Antisemit beschimpft, "weil ich Wert darauf lege, wissenschaftlich belegbare Sachverhalte darzustellen", fügte der Historiker hinzu. Er sei "betrübt" darüber, "dass wichtige und ernsthafte Dinge wie der Antisemitismus in Deutschland mit Hilfe von Kampagnen und Mundtotmachen und Shitstorm bekämpft" würden. Dabei drohe wahrer Antisemitismus aus dem Blick zu geraten. (KNA)