Äthiopien stellt Einigung in Staudamm-Streit mit Sudan und Ägypten infrage

Im Streit der Nil-Anrainer um einen gigantischen Staudamm hat Äthiopien eine von Ägypten verkündete Einigung infrage gestellt und angekündigt, innerhalb von zwei Wochen mit der Flutung des im Grenzgebiet gelegenen Stausees zu beginnen. Einen angeblich vereinbarten Aufschub der Flutung erwähnte die äthiopische Regierung in ihrer Mitteilung am Samstag nicht. Sudan und Ägypten, das zu 97 Prozent von Nilwasser abhängt, fürchten um ihre Wasserversorgung.

Am Freitag hatten die drei Länder bei einer Online-Konferenz unter Vermittlung von Südafrika miteinander verhandelt, nachdem Kairo vergangene Woche den UN-Sicherheitsrat hinzugezogen hatte. Nach Abschluss der Gespräche teilte die ägyptische Führung mit, es sei eine rechtlich bindende Abschlusserklärung erzielt worden, in der sich alle Parteien zu einem Verzicht auf einseitige Schritte verpflichteten, darunter das Fluten des Staudamms. Am Montag werde der UN-Sicherheitsrat über die Erklärung beraten.

Auch Sudans Ministerpräsident Abdallah Hamdok erklärte, es sei vereinbart worden, "die Flutung zu verschieben, bis eine Einigung erzielt worden ist". Binnen zwei Wochen würden Vertreter der drei Länder ein endgültiges Abkommen ausarbeiten.

Die 1,8 Kilometer lange und 145 Meter hohe Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre (GERD) soll mit 6.000 Megawatt Jahresleistung das größte Wasserkraftwerk Afrikas werden und 2022 vollständig in Betrieb gehen. Das Projekt sorgt seit Beginn der Bauarbeiten vor fast zehn Jahren für Spannungen unter den Nil-Anrainern.

Äthiopien betont, der Damm sei für die Stromversorgung und die Entwicklung des Landes unerlässlich. Das Land wollte nach den bisherigen Planungen den am Blauen Nil gelegenen Staudamm im Juli fluten. Regierungschef Abiy steht innenpolitisch unter Druck, diesen Zeitplan einzuhalten. In seiner Erklärung am Samstag hieß es, Äthiopien wolle in den kommenden zwei Wochen eine "endgültige Einigung" mit Ägypten und dem Sudan zu "einigen offenen Fragen" erreichen.

Anfang Juni waren trilaterale Gespräche über die Flutung und den Betrieb des Renaissance-Staudamms zwischen den drei Ländern wieder aufgenommen worden. Dabei geht es vor allem darum, wie die Wasserversorgung für die Anrainer gesichert werden kann und was etwa in Dürreperioden passieren soll.

Äthiopien hatte dagegen protestiert, dass sich Ägypten mit Beschwerden direkt an den UN-Sicherheitsrat gewandt habe. Dies sei ein "böswilliger Versuch" gewesen, "externen diplomatischen Druck" auszuüben, hieß es in Addis Abeba.

Die Afrikanische Union (AU) erklärte am Samstag, "90 Prozent der Konflikte" zwischen den drei Ländern seien nunmehr gelöst. Der Staatenbund forderte die Konfliktparteien auf, "jede Äußerung oder Aktion zu unterlassen", die den Prozess "gefährde oder verkompliziere". Der rund 6.000 Kilometer lange Nil versorgt zehn afrikanische Staaten mit Wasser und Strom. (AFP)