Euro-Mediterrane Initiative für den Dialog der Kulturen

Zu den Klängen mediterraner Folklore und klassischer europäischer Musik begann die Anna-Lindh-Stiftung zur Förderung des interkulturellen Dialogs am 20. April im ägyptischen Alexandria offiziell ihre Arbeit. Nelly Youssef war dabei.

Die Annäherung der Mittelmeeranrainerstaaten hat sich die Anna-Lindh-Stiftung zur Aufgabe gemacht. Foto: AP
Die Annäherung der Mittelmeeranrainerstaaten hat sich die Anna-Lindh-Stiftung zur Aufgabe gemacht

​​Als 'Mutter-Nation' könnte man die Anna-Lindh-Stiftung bezeichnen, deren 35 Partner sich aus den 25 Staaten der Europäischen Union, der Türkei, Israels sowie acht arabischen Staaten (Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Palästinensische Autonomiegebiete, Syrien, Libanon) zusammensetzen.

Unter der Schirmherrschaft der ägyptischen Präsidentengattin, Suzan Mubarak, und Octavia Moderts, Repräsentantin der EU, fand in Alexandria die feierliche Eröffnung statt, zu der 180 Stiftungsmitarbeiter aus den europäischen Mitgliedsstaaten sowie den Partnerstaaten südlich des Mittelmeers geladen waren.

Musikalischer Dialog

Wie die Eröffnung, so war auch der Ausklang der zehnstündigen Veranstaltung musikalischer Natur: Tausende junger Leute aller Nationalitäten waren gekommen, um auf der Qaitbay-Zitadelle tanzend den Beginn eines neuen, konstruktiven Dialogs zwischen den Kulturen, Individuen und Organisationen zu feiern.

Die Redner, darunter auch der ägyptische Kulturminister Farouk Hosni, hoben die Initialwirkung der Anna-Lindh-Stiftung hervor und würdigten sie als erste unabhängig gegründete Stiftung, die von allen Mitgliedstaaten dieses Euro-Mediterranen Bündnisses finanziert werde.

Netzwerk der Netzwerke

Die Anna-Lindh-Stiftung soll die bestehenden Netzwerke der Zivilgesellschaften untereinander vernetzen, die ihrerseits in den Bereichen Kultur, Dialog und Förderung der menschlichen Entwicklung aktiv sind.

So ist geplant, Workshops und Trainingsprogramme durchführen und eigene Projekte auszuarbeiten. Auch ein Netz zwischen den Schulen in den beteiligten Ländern mit einer eigenen Zeitschrift soll gegründet werden.

Für den Stiftungsleiter Traugott Schöfthaler bildet die Stiftung das Instrument der Euro-Mediterranen Gemeinschaft, das in erster Linie der Annäherung der Nationen beiderseits des Mittelmeers dient. Ziel sei die Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzungen, besonders des palästinensisch-israelischen Konflikts.

Erreicht werden solle dies durch Aktivitäten in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft, Frauenrechte, Künste und Musik, da man auf diesem Weg am schnellsten die Herzen der Menschen erreiche.

Besonders die Jugend nördlich und südlich des Mittelmeeres solle angesprochen werden, so Schöfthaler, denn diese sei die Zukunft der Region. Durch gemeinsame Aktivitäten in diesen Projekten könne ein friedlicheres, toleranteres Zusammenleben entstehen und neue Freundschaften geschlossen werden.

Vielfalt schafft Einheit im Zwei-Plus-Zwei-Verfahren

Zu den wichtigsten Ansätzen der Stiftung in ihrem Arbeitsplan von 2005 bis 2007 gehört das Zwei-Plus-Zwei-Verfahren. Es bestimmt, dass mindestens zwei Staaten aus dem Norden und zwei südliche Mitgliedsstaaten an den Projekten beteiligt sein müssen. Der Stiftungsetat für die kommenden drei Jahre beträgt zehn Millionen Euro.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und der Ermordung der schwedischen Außenministerin Anna Lindh am selben Tag des Jahres 2003, so betonte die EU-Repräsentantin Octavia Modert im Interview, setze sich die Stiftung dafür ein, Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen, Barrieren abzubauen und Konflikte einzudämmen.

Angesichts der Schwierigkeit, die Organisationen der Zivilgesellschaft untereinander zu vernetzen, sei es eine große Herausforderung für die Stiftung, so Octavia Modert, als Netzwerk der Netzwerke zu fungieren. Dies sei der eigentliche Grund, der zur Gründung der Stiftung geführt habe, da der Dialog in der Vergangenheit eher unkoordiniert verlaufen sei.

Vor allem habe es keinen festen Ort gegeben, von dem aus operiert wurde. Dies übernimmt nun die Stiftung. Die verschiedenen nationalen Netzwerke sind nun registriert und auf der Internetsite der Stiftung aufgelistet.

Bekämpfung von Islamphobie und Antisemitismus

Als ein weiteres wichtiges Ziel der Stiftung bezeichnete Octavia Modert weiterhin die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenhass. Die ersten Projekte werden sich voraussichtlich mit den Themen Islamphobie und Antisemitismus beschäftigen.

Dabei betonte sie, wie schwer es sei, Araber und Israelis zur Zusammenarbeit zu bewegen, während der Nah-Ost-Konflikt andauere. Die Stiftung werde deshalb Zusammenkünfte initiieren, bei denen das Eis schmelzen und die Kooperation beginnen soll.

Um die Kooperation der Organisationen der arabischen und der israelischen Zivilgesellschaften zu fördern, so erklärte die schwedische Außenministerin Laila Freivalds, werde die Stiftung Treffen insbesondere der palästinensischen und der israelischen Jugend erleichtern und ihnen für gemeinsame Projekte finanzielle Unterstützung gewähren.

Partnerschaft und Gerechtigkeit für einen erfolgreichen Dialog

Ismail Serageldin, der Leiter der Bibliothek von Alexandria, unterstrich in seiner Rede während der Eröffnung die Einzigartigkeit der Stiftung. Sie ziele auf einen ausgewogenen Dialog zwischen ebenbürtigen Partnern ab, der nicht durch Druck und Zwang verordnet werde. Auf diese Weise könne der Frieden stabilisiert werden, und die Mittelmeerregion werde kulturell, politisch und wirtschaftlich von den Synergien profitieren.

Kamal Abu al-Magd, Professor an der juristischen Fakultät der Kairo-Universität, hielt allerdings dagegen, der Stiftung müsse es erst einmal gelingen, die Araber zur Zusammenarbeit zu bewegen, die sich auf übertriebene Weise unter dem Vorwand der kulturellen Eigenheit von anderen abschotten – trotz der kulturellen Krise, in der sich die arabische Welt befinde.

Die Isolation der Araber, so warnte er, sei selbstmörderisch. Sie seien dringend geraten, intensiv mit der europäischen Seite zusammenzuarbeiten, damit die Ziele der Anna-Lindh-Stiftung verwirklicht würden.

Nelly Youssef

Übersetzung aus dem Arabischen von Stefanie Gsell

© Qantara.de 2005

Qantara.de
EU-Partnerschaftsabkommen mit Syrien
Die Hand bleibt ausgestreckt
Während die USA den Druck auf Syrien aufrechterhalten, setzt Europa weiter auf eine Intensivierung der Beziehungen zu Syrien – durch das EU-Partnerschaftsabkommen. Nach den Wahlen im Libanon soll die letzte Hürde genommen werden: die Zustimmung aller 25 EU-Außenminister. Manuela Römer berichtet aus Damaskus.

Barcelona-Prozess
Assoziierungsabkommen mit Algerien ratifiziert
Mitte März 2005 wurde das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Algerien in Algier ratifiziert. Es schreibt eine weitgehende "Liberalisierung" der algerischen Ökonomie und eine Marktöffnung vor. Außerdem sieht es eine Liberalisierung des Energiesektors vor. Hintergründe von Bernhard Schmid

Euro-mediterrane Partnerschaft
Schwieriger politisch-kultureller Dialog mit Tunis
Das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Tunesien besteht seit nunmehr zehn Jahren. Vor allem im wirtschaftlichen Bereich sind bereits viele erfolgreiche Partnerschaften initiiert worden. Doch die zivilgesellschaftliche und politisch-kulturelle Zusammenarbeit mit Tunesien lässt weiterhin zu wünschen übrig. Tina Gerhäusser mit einer Bilanz der bisherigen Beziehungen.

www

  • Website der Anna Lindh Euro-Mediterranean Foundation for the Dialogue between Cultures (engl.)
  • Schüler bauen Brücken – Euro-Arabisches Schülerzeitungsnetzwerk