Afrikanische Union startet Evakuierungs-Aktion in Libyen

Folter, Erpressung, Versklavung - Berichte über die menschenunwürdige Lage von Flüchtlingen in Libyen haben den EU-Afrika-Gipfel überschattet. Mehrere Tausend in einem Lager in Libyen festsitzende Flüchtlinge sollen nach Angaben der Afrikanischen Union (AU) schnellstmöglich evakuiert werden. "Wir sind übereingekommen, in Abstimmung mit der Europäischen Union und den Vereinten Nationen, insbesondere über die IOM, eine Task Force einzusetzen, um jetzt zu handeln", sagte AU-Kommissionschef Moussa Faki Mahamat zum Abschluss des EU-Afrika-Gipfels in Abidjan in der Elfenbeinküste.

Es handele sich um 3.800 vorwiegend aus Westafrika stammende Migranten, darunter Frauen und Kinder, in einem Lager in der libyschen Hauptstadt Tripolis, sagte der Kommissionschef. Die IOM ist die Internationale Organisation für Migration und gehört zu den Vereinten Nationen.

Nach Angaben des Präsidenten der Afrikanischen Union (AU), Alpha Condé, stellt Marokko Flugzeuge für die Evakuierung zur Verfügung. Dies habe Marokko dem französischen Staatspräsident Emmanuel Macron zufolge zugesagt, sagte Condé. "Heute erwartet Afrika nicht alles von außen, wir sind selbst fähig. Aber wir haben gebeten, dass die Europäische Union die Anstrengungen Marokkos unterstützt, damit man die 3.800 so schnell wie möglich heimbringt", so Condé.

Die Flüchtlingsströme von Afrika nach Europa und insbesondere die Lage im Transitland Libyen war eines der Hauptthemen des Gipfels von AU und EU in Abidjan. AU-Kommissionschef Faki Mahamat zufolge befinden sich derzeit "400.000 bis 700.000" Flüchtlinge in Libyen. Viele werden in Lagern der Regierung und von Banden und Milizen unter zum Teil unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Zeugen berichten über Folter und Sklavenmärkte, auf denen Flüchtlinge verkauft werden.

Ziel sei es, ausreisewillige Migranten aus Libyen heraus zu bringen, hieß es aus deutschen Regierungskreisen. Wann die Umsetzung des Plans starten kann, ist allerdings offen. Details müssten noch ausgearbeitet werden, verlautete nach dem Treffen. Daran hatten unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron, UN-Generalsekretär Antonio Guterres und etliche afrikanische Regierungschefs teilgenommen.

Nach dem Plan soll die IOM Migranten vor allem dabei helfen, in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Die bisher schon in geringem Umfang stattfindenden freiwilligen Aureisen sollen demnach künftig deutlich ausgeweitet werden. Die Afrikanische Union (AU) werde dabei eine Führungsrolle übernehmen und etwa bei der Identifizierung der Herkunftsländer sowie bei der Erstellung der notwendigen Reisedokumente mitwirken. Die Staaten der Europäischen Union wollen dafür sorgen, dass die Migranten ohne Gesichtsverlust in ihre Heimatländer zurückkehren können. Dafür sind die Europäer bereit, Start- und Rückkehrhilfen zu zahlen.

Schutzbedürftige, die vor politischer Verfolgung oder Bürgerkrieg geflohen sind, sollen dem Plan zufolge unter Federführung des UNHCR zunächst in den Tschad oder den Niger gebracht werden. Von dort aus ist dann eine weitere Umsiedlung in aufnahmewillige Staaten geplant - in die EU oder andere Länder außerhalb Europas.

Außerdem einigten sich die Teilnehmer des Krisentreffens darauf, über die Polizei und Nachrichtendienste Erkenntnisse zu Schleuserbanden und deren Hintermänner auch außerhalb Libyens zu sammeln. Eine Taskforce soll eingesetzt werden, die auf EU- und UN-Ebene Sanktionsmöglichkeiten gegen Schleuser prüft und umsetzt. Zudem ist geplant, mit Unterstützung von UN und EU eine afrikanische Untersuchungskommission einzusetzen, die Vorfälle wie Sklavenauktionen oder andere Menschenrechtsverletzungen untersucht. Die Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union verpflichteten sich, Jugendliche in ihren Ländern auf die Gefahren hinzuweisen, die auf dem Weg nach Europa drohen. (AFP/epd/dpa)