Vorwurf Blasphemie: Zehntausende demonstrieren gegen christlichen Gouverneur von Jakarta

Mehr als 200.000 konservative Muslime haben in Indonesien gegen den christlichen Gouverneur von Jakarta demonstriert. Sie verlangten am Freitag den Rücktritt und die Festnahme von Basuki Tjahaja Purnama wegen angeblicher Blasphemie - was in dem mehrheitlich muslimischen Land eine Straftat darstellt. Die Staatsanwaltschaft hat Purnama bereits vernommen und will den Fall vor Gericht bringen. Purnama ist sich keiner Schuld bewusst, wie er sagt.

Der Gouverneur hatte politischen Gegnern vorgeworfen, sie missbrauchten den Koran, um ihm eine zweite Amtszeit zu verwehren. Sie hätten eine bestimmte Sure so interpretiert, dass Muslime keinen Nicht-Muslim als ihren Anführer wählen könnten. Purnama gilt als wichtiger Verbündeter des indonesischen Präsidenten Joko Widodo.

Die Demonstranten versammelten sich am Morgen (Ortszeit) rund um das Monumen Nasional im Zentrum Jakartas. Das Denkmal symbolisiert den Kampf um die Unabhängigkeit Indonesiens. Die in weiß gekleideten Demonstranten hielten Plakate hoch, auf denen sie die Festnahme Purnamas forderten.

Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 22.000 Kräften im Einsatz. Bei einem ähnlichen Protest Anfang November war es zu Ausschreitungen gekommen Widodo versuchte am Mittag, die Demonstranten zu beruhigen. «Lasst uns jetzt alle friedlich nach Hause gehen», sagte der Präsident vor der Menge und fügte ein dreifaches «Allahu akbar» («Gott ist groß») hinzu.

Derweil nahmen Beamte acht Verdächtige fest, die den Sturz Widodos geplant haben sollen. Unter ihnen waren der langjährige Regimekritiker Sri Bintang Pamungkas, der indonesische Rockmusiker Ahmad Dhani und die Schwester des ehemaligen Präsidenten Megawati Sukarnoputri. Sie müssen mit einer Anklage wegen Verrats rechnen.

Menschenrechtler betrachten die Entwicklung mit Sorge. Durch Purnamas Äußerungen sehen sie die langjährige Kultur der religiösen Toleranz in Gefahr. Fast 90 Prozent der 250 Millionen Einwohner sind zwar Muslime, das Land war aber auf seine säkulare Tradition bedacht. Toleranz wird groß geschrieben - bislang.

«Dieser Fall ist höchst beunruhigend», sagt der Südostasien-Direktor von Amnesty International, Rafendi Djamin. «Mit so etwas können die Behörden kaum noch argumentieren, dass alle Religionen geachtet werden.» (dpa)