Menschenrechtsexperte Bielefeldt warnt vor religiöser Abschottung

Der gerade aus dem Amt geschiedene UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, sieht beim Umgang mit religiösen Konflikten einen Rückfall in jahrhundertealte Denkweisen. Territorium und Religion würden wieder häufiger verklammert, sagte Bielefeldt am Dienstag in Berlin. Territorien würden religiös oder religiös-kulturell markiert. «Das halte ich für fatal», sagte er.

Der katholische Theologe und Professor für Menschenrechtspolitik nannte als Beispiel die Abspaltung des christlich geprägten Südsudan vom muslimisch geprägten Norden. Ein neuer Staat sei entlang einer Grenze von Religion gezogen worden. «Das Ergebnis ist nicht ermutigend», sagte er mit Blick auf die gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Ebenso warnte Bielefeldt vor einer Abschottung westlicher Staaten vor muslimischen Zuwanderern, indem man sich auf eine jüdisch-christliche Kultur berufe, «als wäre dieses Verhältnis über 2.000 Jahre von Harmonie geprägt gewesen». Diese Art der Abgrenzung gegenüber dem Islam, der auch über den Begriff «Leitkultur» vermittelt werde, sei eine symbolische Abstandnahme gegenüber mutmaßlich fremden religiösen Einflüssen.

Bielefeldt kritisierte in dem Zusammenhang die EU scharf. Die größte Enttäuschung mit Blick auf die EU sei für ihn nicht der Brexit oder das «Gezeter um Ceta», «sondern die Solidaritätsverweigerung in der Flüchtlingsfrage», sagte er. Dabei gehe es vor allem um die Weigerung, muslimische Flüchtlinge aufzunehmen.

Deutschland sei für ihn mit der Hilfe für Zehntausende Flüchtlinge die überraschende Ausnahme gewesen, sagte Bielefeldt. Mit der Silvesternacht in Köln sei das Thema aber auch «mit Wucht» in der deutschen Gesellschaft angekommen. Bielefeldt forderte, die Debatte nun offen, fair und präzise zu führen. Die Verbindung des Themas mit Flucht, Terror und Genderfragen mache die Diskussion schwierig, sagte er.

Bielefeldt hielt einen Vortrag bei einer Veranstaltung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Unter dem Titel «Freier Glaube - Freies Denken - Gleiches Recht» widmet sie sich in diesem Jahr im Schwerpunkt dem Thema Schutz vor religiöser Benachteiligung. (epd)