Streit um Comic: Ditib nicht mehr Träger von NRW-Präventionsprojekt

Ditib empört über "verzerrende Darstellung" durch NRW-Innenminister.

Die Ditib war in Köln Trägerin einer Beratungsstelle gegen islamischen Extremismus. Jetzt wurde bekannt, dass die Zusammenarbeit beendet ist - wegen eines Konflikts um einen Comic der türkischen Religionsbehörde. Wegen einer Kontroverse um einen Comic aus der Türkei arbeitet das Land Nordrhein-Westfalen bei seinem Präventionsprogramm gegen islamischen Extremismus nicht mehr mit der Ditib zusammen.

Grund sei, dass die Türkisch-Islamische Union (Ditib) sich nicht ausreichend von dem Comic der türkischen Religionsbehörde über den Märtyrertod distanziert habe, schrieb NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion, die dem epd vorliegt.

Die Ditib, die eng mit der Religionsbehörde Diyanet verbunden ist, nannte Jägers Äußerungen verzerrend und sprach von einen "gravierenden Vertrauensbruch". Die Ditib war in Köln Trägerin des Präventionsprogramms "Wegweiser", das die Radikalisierung junger Muslime durch Salafisten verhindern soll. Insgesamt gibt es nach Ministeriumsangaben acht Beratungsstellen in NRW, die jeweils von unterschiedlichen Trägern betrieben werden. Im Oktober solle ein neuer Träger die Kölner Beratungsstelle übernehmen, hieß es.
 
Die Auflösung des Vertrags mit der Ditib sei von beiden Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart worden, schrieb Jäger in seiner Antwort auf die Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Peter Biesenbach und Serap Güler, über die zunächst die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Montagsausgabe) berichtete. Hintergrund sei die Kontroverse um den Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet gewesen, in dem ein Vater seinem Kind erklärt, warum der Märtyrertod erstrebenswert ist.
 
Jäger hatte die Ditib nach eigenen Angaben bereits im Frühjahr aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. "In dieser Stellungnahme konnte keine für einen Träger des Präventionsprogramms "Wegweiser" notwendige klare Neutralität beziehungsweise ausreichende Distanz
davon festgestellt werden", erklärte der Innenminister.
 
Die Ditib veröffentlichte am Montag Auszüge aus dieser Stellungnahme. Darin heißt es, der Comic sei in der Türkei anlässlich des "Tags der Gefallenen" veröffentlicht worden, an dem insbesondere der Gefallenen des Ersten Weltkriegs gedacht werde. "Die Veröffentlichung in der Türkei kann vor dem Hintergrund des Gedenktages und der aktuellen Terroranschläge als ein Versuch gesehen werden, Kindern das Schicksal der im Krieg und bei Terroranschlägen getöteten Opfer zu erläutern und ihnen Trost zu spenden." 

Der Ditib-Landesverband NRW halte den Comic dennoch nicht für geeignet zur religiösen Unterweisung von Kindern und verwende ihn in seinen Gemeinden nicht.
 
Weil das Ministerium eine öffentliche Diskussion über den Comic unter Verweis auf eine mögliche Gefährdung des gesamten "Wegweiser"-Programms abgelehnt habe, habe man keinen Sinn mehr in einer weiteren Zusammenarbeit gesehen, erklärte die Ditib. Jägers Darstellung in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage bezeichnete der Verband als missverständlich und verzerrend. "Er hinterlässt immensen Schaden zulasten der Präventionsarbeit."
 
In Regierungskreisen hieß es dem Bericht der "Rheinischen Post" zufolge, damit stehe nun auch die Rolle der Ditib bei der Organisation des muslimischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen auf der Kippe. Der Verband ist über einen Beirat an der Erarbeitung von Vorlagen für den Islamunterricht beteiligt. Die Ditib erklärte dagegen am Montag, erst in der vergangenen Woche habe es aus ministeriellen Kreisen «das eindeutige Bekenntnis zu einer unveränderten, weiterhin positiven Zusammenarbeit» beim Islamunterricht gegeben.
 
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei steht die Ditib, der mit Abstand größte islamische Verband in Deutschland, wegen ihrer engen Verflechtung mit dem türkischen Staat in der Kritik. Mehrere Bundesländer haben Kooperationen mit dem Verband infrage gestellt, weil sie Einflussversuche von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan befürchten. (epd)