Golestaneh – Teherans literarischer Garten

Die Kulturzeitschrift "Golestaneh" – zu deutsch: kleiner Garten – zählt zu den renommiertesten und meist gelesenen Schriftstellerpublikationen im Iran. Dabei lässt "Golestaneh" nicht nur iranische, sondern vor allem westliche Kulturschaffende zu Wort kommen. Arian Fariborz hat die Redaktion in Teheran für Qantara.de besucht.

Das Büro von "Golestaneh" befindet sich im Herzen Teherans, keine 500 Meter vom belebten Ferdousi-Platz entfernt. Und dennoch vermitteln die Redaktionsräume dieser bekannten iranischen Kulturzeitschrift dem Besucher das Gefühl der Ruhe und Geborgenheit inmitten der hektischen Betriebsamkeit der 12 Millionen-Metropole: Stilvoll dekorierte, gelb getünchte Wände, an denen Plakate von bedeutenden Kunstausstellungen, Lesungen und Kinofilmen der vergangenen Jahre hängen. Palmen und Bambuspflanzen zieren das Büro von Massoud Shahamipour. Er ist Herausgeber von "Golestaneh" – "Gärtchen" – benannt nach einem Gedicht des berühmten persischen Poeten Sohrab Sepehri. Und so versteht sich denn auch Shahamipours Zeitschrift als ein "literarisches Gärtchen", in dem kulturelle Neuigkeiten aus der gesamten Welt ihren Niederschlag finden.

Seit vier Jahren erscheint seine Monatszeitschrift, die von den Zeitungsständen der Hauptstadt mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist. "Golestaneh erfreut sich deshalb wachsender Beliebtheit, weil es außer uns keine andere Zeitschrift im Iran gibt, die über aktuelle Entwicklungen aus der westlichen Kultur- und Literaturszene berichtet", sagt Shahamipour. Nicht ohne Genugtuung, denn sehr lange hatte der Journalist engagiert für Reformzeitungen, wie "Tous", gearbeitet, bevor diese dann 1998 von den Konservativen geschlossen wurde. Die Gründung der Zeitschrift "Golestaneh" bedeutete für ihn daher einen Neuanfang und gleichzeitig auch eine neue Orientierung. "Unser Hauptziel ist es vor allem, Schriftsteller und Künstler aus Europa oder Amerika der iranischen Leserschaft näher zu bringen, da die Distanz zum Westen noch sehr groß und die Unwissenheit über westliche Literatur leider immer noch weit verbreitet ist", meint Shahamipour. Seine Redaktion will daher als Vermittler auftreten und diese Wissenslücke schließen.

Das literarische Spektrum von "Golestaneh" ist breit gefächert. Es reicht von Theater- und Filmkritiken sowie Buchrezensionen bis hin zu Kurzgeschichten, Porträts, Interviews und Erzählungen vor allem westlicher Schriftsteller, die regelmäßig ins Persische übersetzt werden. Darunter: John Updike, Pablo Neruda, Mario Vargas Llosa, Virginia Woolf, Haruki Murakami oder auch Christiane Brückner, Heiner Müller oder Susan Sontag. Auch prominente Vertreter der iranischen Literatur kommen in "Golestaneh" zu Wort, betont Shahamipour: "In jeder Ausgabe gibt es einen Sonderbericht über namhafte persische Schriftsteller, deren Novellen oder Gedichte wir abdrucken" – wie zum Beispiel Ahmad Reza Ahmadi, Sadeq Hedayat oder Mahmoud Doulatabadi. Doch damit nicht genug: "Golestaneh" bietet auch Einblicke in die iranische und amerikanische Musikwelt. Berichte über klassische Konzerte, Grammy Awards und neue Größen in der Rock- und Popszene finden sich in der Zeitschrift ebenso, wie kritische Hintergrundartikel über die Musikprotestbewegung während des Vietnamkriegs in den USA.

Obwohl "Golestaneh" mit seinem Angebot viele Leser und Autoren im Iran gewonnen hat, hält sich der Kontakt zu exiliranischen Schriftstellern in Grenzen, bemängelt Shahamipour. "Vor allem die zweite exil-iranische Generation, die in Amerika, Kanada oder Europa aufgewachsen ist, verbindet kaum noch etwas mit ihrer Elterngeneration, die im Ausland lebt. Diese jüngere Generation ist daher noch weiter von den Geschehnissen im Iran entfernt." Eine spezifisch iranische Kulturverbundenheit sei daher nicht mehr per se auszumachen und auch sprachliche Barrieren würden einen Generationen übergreifenden Austausch mit exiliranischen Kulturschaffenden erschweren, meint Shahamipour.

Arian Fariborz, © 2003 Qantara.de