Kritik an Schweden wegen Anti-Koran-Demo weitet sich aus

* Iran, Türkei und Saudi-Arabien schließen sich Kritik des Irak an

* Koran in Schweden mit Füßen getreten, aber nicht angezündet

* Demonstranten setzen schwedische Botschaft in Bagdad in Brand

Von Timour Azhari, Ahmed Rasheed und Anna Ringstrom (Reuters)

Dubai/Ankara/Kairo. Die Anti-Koran-Kundgebung vor der irakischen Botschaft in Stockholm hat Kritik weiterer Länder ausgelöst. Das iranische Außenministerium bestellte am Donnerstag staatlichen Medien zufolge den schwedischen Botschafter ein, um "entschieden gegen die Schändung des heiligen Koran" zu protestieren. Auch aus der Türkei kam heftige Kritik: "Wir verurteilen den verabscheuungswürdigen Angriff auf unser heiliges Buch aufs Schärfste", erklärte das Außenministerium. Die schwedische Regierung müsse solche Hassverbrechen entschlossen verhindern.



Bei der Kundgebung in Stockholm war ein Buch mit Füßen getreten und teilweise zerstört worden, bei dem es sich laut Demonstranten um einen Koran handelte.

Zu der von der schwedischen Polizei genehmigten Kundgebung waren zwei Teilnehmer erwartet wurden, die einen Koran verbrennen wollten. Dazu kam es aber nicht. Der Vorfall führte zu diplomatischen Verwicklungen zwischen Schweden und dem Irak.



So rief die Regierung in Bagdad ihren Geschäftsträger aus Stockholm zurück, bevor die Demonstranten nach rund einer Stunde den Bereich an der irakischen Botschaft verließen. Zudem wurde die schwedische Botschafterin im Irak ausgewiesen.

Vorausgegangen war die Erstürmung der schwedischen Botschaft in Bagdad, die von einer aufgebrachten Menge in Brand gesteckt wurde. Diese Ausschreitungen hatte die irakische Regierung zwar zunächst verurteilt. Allerdings kündigte Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani auch an, eine Verbrennung des Korans auf schwedischem Boden werde ein Ende der diplomatischen Beziehungen zu dem skandinavischen Land nach sich ziehen.

Einer der beiden Männer, die einen Koran und eine irakische Flagge verbrennen wollten, hatte bereits im Juni vor einer Stockholmer Moschee einen Koran angezündet. Der Mann ist aus dem Irak nach Schweden eingewandert. Die Polizei wollte ähnliche Demonstrationen wegen Sicherheitsbedenken verbieten, scheiterte bislang aber an Gerichten, die die Meinungsfreiheit eingeschränkt sehen.

USA UND GROSSBRITANNIEN VERURTEILEN ANGRIFF AUF BOTSCHAFT

Das schwedische Außenministerium bestätigte die Einbestellung des Botschafters im Iran, wollte sich aber zum Inhalt der Unterredung nicht äußern. Auch Saudi-Arabien bestellte den schwedischen Geschäftsträger in Riad ein. Es sei eine Protestnote gegen die Entweihung des Koran übergeben

worden, teilte das Außenministerium mit. Katar handelte ähnlich und forderte die schwedischen Behörden auf, "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um solche beschämenden Taten zu verhindern".

Die islamistische Miliz Hisbollah im Libanon rief arabische und islamisch geprägte Staaten auf, dem Beispiel des Irak zu folgen. Sie sollten schwedische Botschafter aus ihren Ländern ausweisen und umgekehrt ihre eigenen Vertreter aus Schweden zurückrufen, sagte Hisbollah-Chef Sayyed Hassan Nasrallah. Er forderte zudem Muslime auf, zahlreich an den Freitagsgebeten teilzunehmen. Die Gläubigen sollten sich demonstrativ mit ihren Koran-Büchern vor die Moscheen setzen.

Nach der Erstürmung der schwedischen Botschaft warf der Außenminister des Landes, Tobias Billström, der irakischen Regierung vor, das Wiener Übereinkommen zum Schutz von Botschaften ignoriert zu haben. Der Vorfall in Bagdad sei völlig inakzeptabel. Auch die Regierungen der USA und Großbritanniens verurteilten den Angriff scharf. Die irakischen Sicherheitsdienste hätten die Demonstranten an der Erstürmung der diplomatischen Vertretung hindern müssen, erklärte das Washingtoner Außenministerium. Großbritannien begrüßte die Absicht der irakischen Regierung, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. (Reuters)