Grundrechte-Report kritisiert Umgang mit Menschen aus Afghanistan
Bürgerrechtsorganisationen attestieren Deutschland im
Grundrechte-Report 2022 einen rassistischen Umgang mit Menschen aus
Afghanistan. Beim Datenschutz und auf dem Wohnungsmarkt würden
Nichtdeutsche hierzulande systematisch diskriminiert.
Berlin (epd). Der Grundrechte-Report 2022 kritisiert den Umgang
Deutschlands mit Menschen aus Afghanistan. Der diesjährige Report
mache deutlich, dass Grundrechte von Afghaninnen und Afghanen
hierzulande nicht beachtet würden, sagte der Vorstand der Initiative
für afghanische Geflüchtete, Yaar e.V., Kava Spartak, bei der
Vorstellung des Reports am Mittwoch in Berlin. Das gelte
gleichermaßen für ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr wie für nach
Deutschland geflüchtete Afghaninnen und Afghanen.
Laut Spartak wirft der Report ein Schlaglicht auf
Grundrechtsfragen, die durch den chaotischen Abzug der Bundeswehr aus
Afghanistan im August entstanden seien. Dazu gehörten etwa die
Auswahl bei den Evakuierungen aus Kabul im August 2021 und die
schleppende Aufnahme gefährdeter Menschen in Deutschland.
Kritisiert wird auch die falsche Lagebewertung der Bundesregierung
bei der Stabilität des Landes vor dem Truppenabzug Mitte 2021 und die
daran geknüpfte deutsche Abschiebepraxis der vergangenen Jahre.
Berichte von Nichtregierungsorganisationen über den Zustand des
Landes seien bei Asylverfahren ignoriert worden, gehört wurden nur
die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, kritisierte Spartak.
Der Umgang mit diesen Menschen sei zum Symbol der rechten Politik
geworden, die Europa und Deutschland abschotten soll. «Wenn sogar die
Rechtsprechung Menschen aus einem bestimmten Ort über Jahre
diskriminiert, sollten wir uns fragen, inwieweit es sich um Rassismus
handelt», sagte er. Was dagegen politisch und gesellschaftlich
möglich sei im Umgang mit Flüchtlingen, sei jetzt an den Geflüchteten
aus der Ukraine zu sehen. Über 20.000 Menschen warteten derzeit in
Afghanistan noch auf ihre Evakuierung. «Das muss beschleunigt
werden», forderte Spartak.
Weitere Schwerpunkte des diesjährigen Grundrechte-Reports sind
unter anderem der Umgang mit der Klimakrise, die wachsende soziale
Spaltung, Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt und rechte
Netzwerke in Polizei und Justiz. Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt sei ein «eklatantes Problem», sagte die Publizistin
Ferda Ataman. Das Recht auf angemessenen Wohnraum werde besonders
Menschen mit ausländischen Wurzeln systematisch verwehrt.
Auch beim Datenschutz hätten Nichtdeutsche das Nachsehen, sagte
Ataman mit Verweis auf das im Report kritisierte
Ausländerzentralregister. Dort seien 10,6 Millionen Menschen erfasst,
mit über 26 Millionen sensiblen personenbezogenen Datensätzen. Das
sei eine der größten Datensammlungen in Deutschland, auf die 14.000
Behörden mit über 100.000 Nutzern ohne Rückverfolgung zurückgreifen
können. «Wir wissen, wie gefährlich und heikel das für Menschen
angesichts rechtsextremer Netzwerke in der Polizei und einem NSU 2.0
sein kann», warnte Ataman. Ein weiteres großes Problem, das der
Report aufzeige, seien antidemokratische und völkische Einstellungen
von Verantwortlichen in der Justiz.
Der seit 1997 jährlich von zehn Bürgerrechtsorganisationen
herausgegebene Grundrechte-Report gilt als «Alternativer
Verfassungsschutzbericht». Zu den Herausgebern gehören unter anderem
die Humanistische Union, Pro Asyl und der Republikanische
Anwältinnen- und Anwälteverein. # epd-Service
Grundrechte-Report 2022 - Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in
Deutschland, Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-596-70805-5, 224
Seiten, 13 Euro.
## Internet
www.grundrechte-report.de