Scholz will Helfer schneller aus Afghanistan holen

Osnabrück/Düsseldorf. Nach Angaben von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) will die Bundesregierung die Helfer der deutschen Truppen und deren Familien schneller aus Afghanistan nach Deutschland holen. "Wir diskutieren, ob es Möglichkeiten gibt, den Transport zu beschleunigen, um die Betroffenen schneller auszufliegen", sagte der SPD-Kanzlerkandidat der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Das kann Deutschland aber nicht alleine entscheiden, da geht es um eine enge Abstimmung mit der afghanischen Regierung. Es laufen intensive Bemühungen, denn wir sind für die Einheimischen verantwortlich, die uns vor Ort unterstützt haben."

Zur Debatte über einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan erklärte der Kanzlerkandidat: "Generell bleibt es unser Wunsch, diejenigen abzuschieben, die schwere Straftaten begangen haben. Solche Täter dürfen nicht damit rechnen, dass sie bei uns bleiben können." In welche Länder nicht abgeschoben werde, ergebe sich "aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes".

Ein neues Militärengagement, um die radikalislamischen Taliban zu stoppen, lehnte Scholz ab: "Einen weiteren Militäreinsatz in Afghanistan halte ich für unangezeigt. Nach 20 Jahren hat sich die internationale Gemeinschaft gerade zurückgezogen. National wie international gibt es keinerlei Bestrebungen für einen abermaligen Einsatz."

Angesichts des Taliban-Vormarsches in Afghanistan forderte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl die Bundesregierung auf, bedrohte ehemalige Hilfskräfte der Bundeswehr mit einer Luftbrücke zu retten. "Es gibt mindestens 1.000 Ortskräfte, die noch in Afghanistan festsitzen. Die Bundesregierung muss ganz schnell mehrere Chartermaschinen hinschicken", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag).

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor zwei Wochen in ihrer letzten Sommerpressekonferenz angekündigt, notfalls mit Chartermaschinen frühere afghanische Mitarbeiter von Bundeswehr und Entwicklungshilfe wie Dolmetscher und Fahrer auszufliegen. Seitdem hat die Regierung zu diesem Vorhaben offiziell nichts mehr verlauten lassen.

"Die Kanzlerin muss Wort halten. Wir brauchen eine Luftbrücke, um diese Menschen außer Landes und in Sicherheit zu bringen", sagte Burkhardt unter Verweis auf die USA. Washington hat aus Sorge vor Racheakten der Taliban etliche Ex-Ortskräfte der US-Streitkräfte in die Vereinigten Staaten geholt.

Nach Angaben der Bundesregierung sind bislang rund 1.700 ehemalige Ortskräfte und deren Familien nach Deutschland gekommen. Die Zahl der ausgestellten Einreisevisa für Berechtigte wurde zuletzt mit 2.400 angegeben. (KNA)