Netanjahus Gegner wollen in Israel Regierungskoalition schmieden

Jerusalem, 30. Mai. In Israel könnte die Ära von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bald zu Ende gehen. Seine politischen Gegenspieler wollen eine Regierungskoalition schmieden. Der Chef der ultranationalistischen Partei Jamina, Naftali Bennett, erklärte am Sonntagabend im Fernsehen, dass er alles unternehmen werde, um ein Bündnis aus rechts-orientierten, gemäßigten und linksgerichteten Parteien mit dem Liberalen Jair Lapid zu schließen. Damit wolle man verhindern, dass Netanjahu erneut an die Macht komme. Der 71-Jährige regiert seit 2009 und ist damit der am längsten amtierende Ministerpräsident Israels.



Jamina verfügt über sechs Sitze im Parlament und könnte sich damit als Königsmacher bei der Regierungsbildung erweisen. Den Plänen zufolge soll zunächst Bennett das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und später an Lapid übergeben.

Aktuell ist Lapid mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Frist läuft am Mittwoch ab. Seine liberale Partei Jesch Atid war bei der Parlamentswahl am 23. März zweitstärkste Kraft nach dem nationalkonservativen Likud von Netanjahu. Diesem war es aber nicht gelungen, innerhalb der gesetzten Frist eine Regierung zu bilden.

Die Bündnis-Pläne von Netanjahus Gegenspielern waren Medienberichten zufolge bereits so gut wie abgemacht, als der Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästinensern am 10. Mai wieder voll ausbrach. Angesichts der Gewalt brach Bennett die Gespräche ab und erklärte, eine breitere Einheitsregierung anzustreben. Das hatte die Chancen von Netanjahu auf den Machterhalt wieder erhöht. Dieser machte am Sonntag einen Gegenvorschlag, um die Regierungsgeschäfte doch noch weiterführen zu können.



Er plädierte für ein Bündnis aus drei Parteien. Er wolle zunächst einem anderen rechtsgerichteten Politiker, Gideon Saar, Platz machen, erklärte Netanjahu. Saar solle die ersten 15 Monate als Ministerpräsident regieren, dann würde er selber für zwei Jahre wieder übernehmen. Jamina-Chef Bennett solle dann für die restliche Zeit der Legislaturperiode die Regierungsgeschäfte führen. Saar lehnte den Vorschlag umgehend ab.

Sollte am Ende keine neue Regierung zustande kommen, dürfte es Neuwahlen geben - die fünften binnen zwei Jahren. Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschef des Landes, der wegen Bestechung und Machtmissbrauch angeklagt ist. Er weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sich als Opfer einer Hexenjagd. Anfang April musste er wegen Korruptionsverdachts vor Gericht erscheinen. (Reuters)