Französische Forscherin im Iran zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt

Die im Iran inhaftierte französisch-iranische Forscherin Fariba Adelkhah ist nach Angaben ihres Anwalts zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Gericht in Teheran habe sie am Samstag wegen "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit" verurteilt, sagte ihr Anwalt Saïd Dehghan der Nachrichtenagentur AFP. Die 61-jährige Wissenschaftlerin will das Urteil demnach anfechten. Die französische Regierung kritisierte das Urteil scharf.

Die Anthropologin und Forschungsleiterin von der Pariser Universität Sciences Po wurde nach Angaben ihres Anwalts außerdem zu einer einjährigen Haftstrafe wegen "Propaganda gegen die Islamische Republik" verurteilt. Sie muss demnach aber voraussichtlich nur die längere Haftstrafe absitzen.

Die französische Regierung forderte Abdelkhahs sofortige Freilassung. Es gebe keinerlei ernsthafte Gründe für ihre Verurteilung, diese sei rein politisch motiviert, erklärte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Samstag.

Adelkhah und ihr Freund und Kollege, der französische Soziologe Roland Marchal, waren im Juni vergangenen Jahres in Teheran festgenommen worden. Adelkhah ist Expertin für den schiitischen Islam, Marchal Spezialist für die Sub-Sahara-Region. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Teheran und Paris.

Adelkhah hat die iranische und die französische Staatsbürgerschaft, der Iran erkennt doppelte Staatsbürgerschaften aber nicht an. Im Januar hatte die iranische Justiz zumindest den Vorwurf der Spionage gegen Adelkhah fallengelassen. Auf Spionage steht im Iran die Todesstrafe. Ihr Prozess begann Anfang März vor dem Teheraner Revolutionsgericht, die letzte Anhörung fand am 19. April statt.

Marchal war im März freigelassen worden und nach Frankreich zurückgekehrt. Er kam im Zuge eines Gefangenenaustauschs frei. Die USA kritisierten dies seinerzeit scharf, da Frankreich im Gegenzug für Marchal den iranischen Ingenieur Dschallal Rohollahnedschad frei ließ. Gegen diesen lag ein Auslieferungsgesuch der USA vor, weil er gegen die US-Sanktionen gegen den Iran verstoßen haben soll.

Dehghan sagte, Marchals Freilassung begründe den Berufungsantrag gegen Adelkhahs Verurteilung wegen "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit", da für diesen Vorwurf mindestens zwei Menschen belastet werden müssten. Adelkhahs Verteidiger wollen zudem argumentieren, dass ihre persönliche akademische Meinung bezüglich der islamischen Kleidungsvorschriften im Iran nicht als "Propaganda gegen die Islamische Republik" gewertet werden könne.

Adelkhah befindet sich seit ihrer Festnahme im Juni 2019 im Gewahrsam der iranischen Behörden. Durch einen siebenwöchigen Hungerstreik zwischen Ende Dezember und Februar ist sie nach Angaben ihres Anwalts stark geschwächt. Als Folge des Hungerstreiks leide sie unter einer Nierenkrankheit.

Ihr Unterstützerkomitee in Paris, das die Festnahme für politisch motiviert hält, sorgt sich um ihre Gesundheit, da die Forscherin bei einem möglichen Ausbruch des neuartigen Coronavirus im Gefängnis besonders gefährdet sei. Der Iran ist das am schwersten von der Corona-Pandemie betroffene Land im Nahen Osten und meldete bislang mehr als 6.900 Corona-Tote.

Seit der Aufkündigung des Internationalen Atomabkommens mit dem Iran durch die USA werden im Iran vermehrt Ausländer festgenommen. Bei den Festgenommenen handelt es sich häufig um Doppelstaatler; meist werden ihnen Spionage oder Aktionen gegen die nationale Sicherheit des Iran vorgeworfen.

Teheran ist zunehmend kritisch gegenüber den europäischen Regierungen, insbesondere der französischen: Diese täten nicht genug, um das Atomabkommen zu retten und US-Sanktionen für Unternehmen zu umgehen. (AFP)