Türkei: Neun Festnahmen nach Angriff auf Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu

Nach dem Angriff auf den türkischen Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hat die Polizei neun Verdächtige festgenommen. Der Hauptverdächtige ist Mitglied der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, wie die Regierungspartei am Montag erklärte. Er wurde nach Angaben des türkischen Senders NTV in der Stadt Sivrihisar festgenommen und in die Hauptstadt Ankara gebracht. Erdogan kündigte ein Ausschlussverfahren gegen das AKP-Mitglied an.

Der 70-jährige Oppositionsführer Kilicdaroglu, Chef der Republikanischen Volkspartei (CHP), war am Sonntag bei der Beerdigung eines Soldaten in Cubuk, einem Vorort von Ankara, von einer Menschenmenge attackiert worden. Kilicdaroglu wurde türkischen Medienberichten zufolge zunächst in einem nahegelegenen Haus in Sicherheit gebracht und dann mit einem gepanzerten Fahrzeug weggefahren. Ernsthaft verletzt wurde er bei dem Vorfall nicht.

Der Hauptverdächtige wurde laut NTV in Sivrihisar rund hundert Kilometer südöstlich der Hauptstadt festgesetzt. Nach Angaben der AKP handelt es sich bei dem Mann um Osman Sarigun. Die anderen acht Verdächtigen wurden am Montag bereits in einer Polizeiwache in Cubuk, einem Vorort von Ankara, befragt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Der Angriff auf den Oppositionsführer hatte im Internet für große Empörung gesorgt. Ein Video des Vorfalls fand in den sozialen Netzwerken rasante Verbreitung.

Präsident Erdogan teilte am Montag in einer Twitter-Botschaft mit, dass seine Partei den Vorfall untersuchen werde. "Wir sind gegen jede Form von Gewalt und Terror. Wir werden es niemals zulassen, dass jemand dem Frieden in der Türkei schadet."

Führende Politiker der CHP warfen Erdogans AKP dagegen vor, den Angriff provoziert zu haben und forderten Innenminister Süleyman Soylu zum Rücktritt auf. "Das ist kein gewöhnlicher Angriff, das ist keine gewöhnliche Provokation. Das war geplant", sagte Canan Kaftancioglu, Chef der Istanbuler CHP.

Innenminister Soylu hatte im vergangenen Jahr Gouverneure angewiesen, keine CHP-Mitglieder bei Begräbnissen von Soldaten zuzulassen. Soylu wies die Vorwürfe zurück. Der Hauptverdächtige sei ein Verwandter des toten Soldaten gewesen, sagte er.

Die AKP hatte bei der Kommunalwahl am 31. März die Hauptstadt Ankara und die Metropole Istanbul an die CHP verloren. Präsident Erdogan hatte Kilicdaroglu im Wahlkampf mehrfach vorgeworfen, die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterstützen, und bei seinen Auftritten Videos des Oppositionsführers gezeigt. (AFP)