Zweifelhafte Diplomatie

Während zwischen den USA und dem Iran derzeit Funkstille herrscht, versuchen die Europäer mit der Islamischen Republik zu verhandeln. Doch wie erfolgversprechend sind die Bemühungen Europas, die Mullahs im Atomstreit wirklich zum Nachgeben zu bewegen?

Von Hamdam Mostafavi

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Zu nachgiebig im Umgang mit der iranischen Führung? EU-Außenbeauftragter Solana bei Präsident Khatami in Teheran

​​"Die Diskussion mit der Islamischen Republik darf nicht abreißen", bekräftigte Anfang November 2004 der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Seit einem Jahr ist das europäische Trio (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) bemüht, den Dialog mit den iranischen Führungsvertretern aufrecht zu erhalten.

Zu Beginn des Jahres 2005 steht fest, dass die Europäer viele Anstrengungen für vergleichsweise wenig langfristige Resultate unternommen haben. Nach den letzten beiden Verhandlungsrunden im November und Dezember 2004 willigte der Iran ein, seine Aktivitäten der Urananreicherung einzustellen - allerdings nicht endgültig - und den Zugang zu allen Standorten, die von den Inspektoren der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) besichtigt werden sollten, "zu vereinfachen".

Den Mullahs ist es bislang gelungen, sich elegant aus der Affäre zu ziehen – die Islamische Republik Iran ist trotz geringer Zugeständnisse an die europäische Diplomatie bisher von wesentlichen Handelssanktionen verschont geblieben.

Unterschätztes iranisches Arsenal

Außerdem kennt, abgesehen von der Führung in Teheran selbst, keiner die wirklichen Ausmaße des iranischen Waffenbestandes. Die Islamische Republik, die 18 Jahre lang erfolgreich die Existenz eines Nuklear-Programms verschleierte, kann weiterhin den Rest der Welt in die Irre führen.

Seit der Entdeckung eines Standorts zur experimentellen Urananreicherung in Natanz 2002 und dem Bau eines Reaktors in Arak in der Region von Isfahan, wo bereits Aktivitäten stattfinden, die mit Urananreicherung zusammenhängen, kritisiert die IAEA die Geheimniskrämerei um einen Großteil der nuklearen Aktivitäten des Irans.

Den Inspektoren der Atomenergieorganisation stehen tatsächlich nur begrenzte Mittel zur Verfügung, um die Aussagen der Iraner zu überprüfen. Die Lokalisierung der iranischen Militäreinrichtungen ist sehr schwierig geworden.

Nach der Bombardierung des irakischen Nuklearreaktors in Osirak durch die israelischen Streitkräfte, gingen die Iraner dazu über, ihre Atomwaffen-Entwicklungsstandorte über das ganze Land hinweg zu zerstreuen. Einzelne nukleare Militäreinrichtungen sind sogar in unterirdische Standorte verlagert worden.

Kein echtes Druckmittel

Laut amerikanischen Angaben dürfte der Iran noch drei Jahre benötigen, um eine Atombombe herstellen zu können. Die Zeit drängt, und das erklärt zweifellos die Nervosität der Amerikaner, bevor die Verhandlungen zwischen Europa und dem Iran in die nächste Runde gehen. Aber welche Alternative schlagen die Amerikaner vor?

Wie der Chef der iranischen Kernenergie, Hassan Rohanie im vergangenen Dezember klugerweise hervorhob, selbst wenn der Iran Bestandteil von Bushs so genannter "Achse des Bösen" ist, "dürfen wir nicht vergessen, dass die stärksten Sanktionen gegen den Iran immer von den Demokraten auferlegt worden sind. Während seines Mandats veranlasste Bush, trotz aggressiver Reden, niemals konkrete Aktionen gegen den Iran."

Verfügt Amerika über konkrete Mittel, um die Iraner einzuschüchtern? Selbst wenn die neue Außenministerin Condoleezza Rice die Drohungen mit einer Militärattacke gegen den Iran erneut entfachen könnte, scheint eine konkrete Militäraktion gegen den Iran schwierig für die Amerikaner – zumindest für 2005, da sie ihre Kräfte im Irak gebunden haben.

Bleibt die Drohung, die immer wieder von Colin Powell ausgesprochen wurde, als er noch Außenminister war, den Fall des iranischen Atomprogramms vor dem UNO-Sicherheitsrat zu verhandeln, mit der eventuellen Konsequenz der Verhängung von Wirtschafts- und Handelssanktionen gegen den Iran.

Momentan hindert das Spiel der Europäer die Amerikaner an der Umsetzung dieser Drohung. Die Mullahs bedienen sich der Europäer auf hervorragende Art und Weise als Bollwerk gegen die amerikanischen Absichten.

Aber selbst wenn der Fall vor den Sicherheitsrat gelangen würde, was hätten die Iraner wirklich zu befürchten? Der Sprecher des iranischen Außenministers, Hamid Reza Asefi, versichert, dass "wir es vorziehen, eine Regelung im Rahmen der IAEA herbeizuführen, aber wir scheuen uns nicht vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu treten, da das nicht das Ende der Welt bedeutet."

China als Partner

Der Iran besitzt einen mächtigen Verbündeten innerhalb des Sicherheitsrates. China schließt gerade ein gigantisches Gasabkommen mit der Islamischen Republik ab. Selbst wenn das Reich der Mitte ein offenes Ohr für die Sorgen Washingtons und Israels hat, ist es unwahrscheinlich, dass die Chinesen auf ein derartiges Energieabkommen verzichten, indem sie, im Fall einer eventuellen Bewertung des Irans durch den Sicherheitsrat, gegen den Iran stimmen.

Solange die Mullahs an der Macht sind, wird der Iran versuchen, offiziell lediglich eine zivile Nukleartechnologie zu entwickeln. Die regimetreue Presse erinnert regelmäßig daran, dass "niemand unser Programm stoppen wird", denn der Iran befände sich angeblich "voll und ganz im Recht."

Anstelle des Versuchs - sowohl der Europäischen Union, als auch der Vereinigten Staaten - die nukleare Krise jeweils von ihrer Warte aus auf ihre Weise zu lösen, sollten sie Möglichkeiten finden, um dem iranischen Volk zu helfen, d.h. in einem demokratischen System selbst die Entscheidung zu treffen, ob sie die Kernenergie in ihrem Land - ausschließlich zu zivilen Zwecken – weiterentwickeln wollen.

Hamdam Mostafavi

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