«Saudis Girls Revolution»: Comic, um Könige ins Schwitzen zu bringen

Drei Wörter mit Sprengkraft: Frauen, Revolution - und Saudi-Arabien. Passt nicht zusammen? Doch! Zumindest in einem neuen Comic aus der Öl-Monarchie. Die Herkunft des Autors dürfte überraschen. Von Benno Schwinghammer

Die Frauen in Saudi-Arabien begehren auf und erheben sich gegen Unterdrückung des Regimes. So steht es in einem Comic, der gerade in dem ultrakonservativen Königreich erschienen ist. «Die herrschende Monarchie hat einen kranken Plan für ihren Untergang. Aber wie du bald bemerken wirst, kann nicht jede Frau unterworfen werden», heißt es dort. Der Titel: «The Saudis Girls Revolution».

Frauen? Revolution? Saudi-Arabien? Drei Worte, deren Kombination in Riad eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen müsste. Dabei ist der Urheber sogar ein Spross der Königsfamilie. Die Heldinnen von Autor Prinz Fahad al-Saud sind Symbole des Widerstands und der Emanzipation. Sie loten die Grenzen des Erlaubten in einer der konservativsten Gesellschaften der Welt neu aus.

«Ich hatte eigentlich erwartet, dass es Probleme geben würde und ich bin sicher, dass das noch passieren kann, wenn der Comic bekannter wird», sagt Al-Saud, einer von Hunderten Prinzen der riesigen saudischen Herrscherfamilie. Er selbst bezeichnet «Saudis Girls Revolution» als avantgardistisch, aber nicht kontrovers. «Um ehrlich zu sein bin ich enttäuscht. Ich dachte, ich müsste mehr kämpfen.»

Prinz Fahads Geschichte fiel der Zensur Saudi-Arabiens wohl auch deswegen nicht zum Opfer, weil sie die Provokation dann doch abschwächt. Die Schicksale der Heldinnen wie Latifa oder Thara spielen 100 Jahre in der Zukunft. In einem Saudi-Arabien nach einem alles zerstörenden Weltkrieg. Mit dem Staat von heute hat es fast nichts mehr gemeinsam.

Der offensive Titel sei ja auch eigentlich gar nicht so gemeint, beteuert der Prinz. Die «Revolution» sei vielmehr die Art der Darstellung von arabischen Frauen selbst, indem diese stark und selbstbewusst präsentiert werden. Er selbst sei von sehr starken Frauen erzogen worden. Als er in die USA zog, merkte Prinz Fahad jedoch, dass die Wahrnehmung saudischer Frauen dort ganz anders ist.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Kontrolle, die Männer im Königreich auf Frauen ausüben können. Denn jede Frau in Saudi-Arabien hat einen Vormund - der Vater, der Ehemann oder sogar der eigene Sohn - und muss zum Beispiel die Erlaubnis einholen, reisen zu dürfen oder zu heiraten.

Trotz einer Reihe begrenzter Reformen in den vergangenen Jahren ist Frauen in dem Land zum Beispiel das Autofahren noch immer verboten. Und die Religionspolizei achtet auf die vollständige Verschleierung der Frauen in der Öffentlichkeit.

Doch auch in der ultrakonservativen Monarchie ändert sich die Gesellschaft, wenn auch langsam. Zuletzt wurden eine Reihe von Frauen zu Chefs von Banken im Land ernannt. Und das ambitionierte saudische Leitprogramm für die nächsten Jahre, die «Vision 2030», nennt Frauen eine «große Stärke» des Landes. Mehr als 50 Prozent der Uni-Absolventen seien weiblich und «wir werden ihre Talente weiter fördern (...), um ihre Zukunftsaussichten zu stärken.»

Auch Projekte wie «The Saudis Girls Revolution» sollen zum vorsichtigen gesellschaftlichen Wandel beitragen. Doch im saudischen Mainstream angekommen ist der Comic noch nicht. Dies könnte daran liegen, dass sich die Geschichten nicht nur an Saudis, sondern auch an Araber und Nicht-Araber aus der gesamten Welt richten. Sie sind auf Englisch geschrieben und sprechen auch deshalb nicht alle Teile der saudischen Bevölkerung an.

Vorgestellt wurde Prinz Fahads Comic im Februar auf der ersten Comic Convention im Königreich in der Stadt Dschidda, die als vergleichsweise liberal gilt. Amr Al-Madani, der Chef der Unterhaltungsbehörde des Landes, die das Event unterstützte, betrachtet es als Erfolg: «Die überwältigende Zahl von Personen und Familien, die kamen (...), zeigen das Potenzial, um solche populären Ereignisse in unser Land zu bringen.»

Insgesamt kamen mehr als 20.000 vor allem junge Saudis in die Ausstellungshallen. Sie benutzten zwei Eingänge - einen für Männer und einen für Frauen. (dpa)

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