«Brückenbauen» gegen Feindbilder - Warum ein christliches Institut 3.000 Integrationsbegleiter ausbilden will

Das Europäische Institut für Migration, Integration und Islam bildet Ehrenamtliche aus, die sich für Migranten engagieren wollen. Vor allem der Leiter Yassir Eric prägt dessen Linie. Von Marcus Mockler

Als es 2013 gegründet wurde, war der große Flüchtlingsandrang von 2015 noch nicht absehbar: Das Europäische Institut für Migration, Integration und Islamthemen (EIMI) zeigte sich allerdings für die Herausforderungen gewappnet. Das liegt auch an seinem Kopf Yassir Eric.

Der 44-Jährige hat einen weiten Weg bis zum Institutsleiter hingelegt. Er stammt aus einer einflussreichen sudanesischen Familie, die führende Mitarbeiter in Moslembruderschaft und staatlichen Behörden hervorgebracht hat. Als Kind hörte er nur Schlechtes über Christen und Juden.

Umso überraschter war er, als ein geliebter Onkel vom Islam abfiel und den christlichen Glauben annahm. Eric wollte nun selbst wissen, was es mit Jesus Christus auf sich hatte. Mit großem Erstaunen las er im Koran, dass dort Jesus nicht nur hoch geschätzt wird, sondern teilweise den Propheten Mohammed sogar überragt. Als er dann noch Christen kennenlernte, die für einen im Koma liegenden Familienangehörigen beteten, und als dieser Kranke kurz darauf die Augen öffnete, sprach Eric sein erstes Gebet zu Jesus Christus. «Vorher wusste ich nicht einmal, dass Christen an Gott glauben und beten - für uns Muslime galten sie nur als Ungläubige», erinnert er sich.

Für ihn war es eine Offenbarung, dass Christen so anders sind, als man es sich in seiner muslimischen Familie erzählt hatte. Und diese Erkenntnis wünscht er sich nun auch in umgekehrte Richtung. Denn auch die Muslime seien nicht so, wie das in manchen deutschen Kreisen kolportiert werde. Jeder männliche Muslim ein frauenverachtender Fundamentalist? Eric ist sicher, dass sich dieses Bild schnell ändert, wenn man muslimischen Migranten persönlich begegnet, mit ihnen isst und mit ihnen redet.

Das ist das Ziel des Instituts. «Brückenbauen ist die einzige Alternative zu den Feindbildern in der Gesellschaft», sagt Eric. Am Sonntag wird er das Friedensgebet in der Nicolaikirche in Leipzig gestalten. Die Stadt erinnert am 9. Oktober alljährlich an die friedliche Revolution in der DDR vor 27 Jahren.

Eine der Hauptaufgaben des Instituts, das an die Korntaler Akademie für Weltmission bei Stuttgart angeschlossen ist, ist die Ausbildung sogenannter Integrationsbegleiter. Sie werden fitgemacht für den richtigen Umgang mit Migranten. Hintergründe über Religion und Familienstrukturen von Menschen aus anderen Kulturen stehen ebenso auf dem Lehrplan wie die Geschichte der Migration. Zudem lernen die Begleiter, wie man konkrete Projekte für Migranten umsetzt.

32 Frauen und Männer haben den Kurs bereits absolviert, 155 sind derzeit an vier Standorten in Ausbildung. «Es gibt überall eine große Bereitschaft von Menschen, sich zu engagieren. Sie wissen nur oft nicht, wie sie das am besten anstellen können», sagte Eric. Die Schulungsangebote des EIMI sollen diesem Unwissen abhelfen. Unter dem Motto «3 x 30 x 3.000» sollen in den nächsten drei Jahren an 30 Standorten insgesamt 3.000 Integrationsbegleiter ausgebildet werden.

Eric kam 1999 nach Deutschland. Er studierte Theologie an der Akademie für Weltmission und betreute rund 13 Jahre lang mit dem Leiter der württembergischen Evangelischen Ausländerseelsorge, Hanna Josua, arabische christliche Gemeinden in Baden-Württemberg. Der mit einer Schwäbin verheiratete Vater von vier Kindern rechnet damit, dass in den kommenden Jahren noch sehr viel mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen. «Das Jahr 2015 war erst die Generalprobe», ist er überzeugt. (epd)