Algerischer Autor Daoud: "Der Islamische Staat ist Faschismus"

Der algerische Autor Kamel Daoud sieht Bildung und Kultur als wichtigste Mittel im Kampf gegen den Terror des "Islamischen Staates" (IS). Nicht ohne Grund versuche dieser, zuerst die Kultur auszulöschen, "das Menschliche, weil man damit eine Gesellschaft in ihrem Kern angreift", sagte Daoud in einem Interview der "Welt am Sonntag": "Der Islamische Staat versucht zuerst, die Kultur zu vernichten, so wie der Faschismus das auch getan hat. Und der Islamische Staat ist Faschismus."

Um den Kampf gegen den IS nicht zu verlieren, "müssen wir vermeiden, unseren Feinden ähnlich zu werden", forderte der Schriftsteller: "Wenn wir dieser Form des Terrorismus begegnen, indem wir allein auf militärische Mittel setzen, haben wir schon verloren. Es gilt weiterhin und vermehrt, Kultur zu leben - Lesen, Schreiben, Diskutieren - und Menschlichkeit zu bezeugen."

Schwere Vorwürfe machte der Autor zudem in Richtung Saudi-Arabien. Dort setze man - ideologisch wie finanziell - alles daran, den Dschihadismus zu unterstützen und die Vorherrschaft in der Welt zu gewinnen. Für ihn gehörten Saudi-Arabien und der IS eng zusammen: "Die saudischen Herrscher geben Millionen für Propaganda aus. Nehmen wir die dschihadistische Propaganda, alle diese Schriften des saudischen Wahhabismus, dieser härtesten aller Strömungen in der muslimischen Welt: Sie werden massenweise gedruckt und auf der ganzen Welt kostenlos verteilt."

Im Kampf gegen den Dschihadismus, so Daoud weiter, solle man aber nicht nur die militärische Lösung suchen: "Wenn wir Kinder davon abhalten wollen, morgen Dschihadisten zu werden, müssen wir heute handeln. Der Dschihadismus ist eine Niederlage unserer universellen menschlichen Werte und unserer Kultur. Kurzfristig gesehen, ist die Lösung eine Frage von Sicherheit - langfristig liegt sie in der Kultur."

Bei der seit Freitag laufenden Ruhrtriennale ist ab dem 2. September eine Bühnenversion von Daouds Roman "Der Fall Meursault - eine Gegendarstellung" unter dem Titel "Die Fremden" zu sehen. Seit diesem Gegenentwurf zu Albert Camus' Buch "Der Fremde" gilt Daoud als einer der wichtigsten französischsprachigen Autoren.

Für seine kritischen Stellungnahmen zu den Ereignissen der Silvesternacht in Köln war der Autor zu Jahresbeginn sowohl von arabischer als auch von westlicher Seite heftig kritisiert worden. Daoud hatte damals geschrieben, dass der Westen "naiv" mit der Aufnahme der Geflüchteten umgehe. Viele Migranten aus den arabischen Staaten würden ihre Kultur nicht so leicht aufgeben.

Bis heute wolle man im Westen die Realität nicht sehen, sagte Daoud: "Es gibt kulturelle Unterschiede, die liegen auf der Hand. Eine Gesellschaft, die Frauen unterdrückt, hat ein gestörtes Verhältnis zum Leben." Das bedeute auch ein gestörtes Verhältnis zum Anderen und zum Anders-Sein zu haben: "Dieses gestörte Verhältnis hat Auswirkungen, das ist das Tragische in der muslimischen Welt." (KNA)

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