Zentrum für Türkeistudien sieht keine Anhaltspunkte für Verschwörung

Das Zentrum für Türkeistudien in Essen hält nichts von der Verschwörungstheorie, wonach die türkische Regierung selbst hinter dem gescheiterten Putschversuch stecke.

Dennoch sei davon auszugehen, dass die Listen mit Tausenden Namen von Beamten und Richtern, die nun ausgetauscht würden, bereits vor dem Putsch erstellt wurden, sagte der Leiter des Instituts, Haci Halil Uslucan, der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Dienstagausgabe). «Der Staatsapparat kennt natürlich seine Kritiker.» Nun folgten harte Sanktionen.

Die von dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geäußerte Vermutung, sein in den USA lebender Rivale Fethullah Gülen stecke hinter dem Putsch, hält Uslucan für eine Vereinfachung. In der Türkei gebe es Spannungen zwischen vielen verschiedenen Gruppen. «Dort haben wir es mit einem starken Stadt-Land-Gefälle zu tun. Die Armut und die Flüchtlingsproblematik - all das stellt die Türkei vor eine Zerreißprobe.»

Dennoch erklärte der Wissenschaftler, er habe den Eindruck, dass Präsident Erdogan die Lage wieder im Griff habe, nachdem er in seinem nächtlichen Appell an das Volk noch angegriffen gewirkt habe.

Das Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung ist eine Stiftung des Landes NRW und ein Institut der Universität Duisburg-Essen.

Am späten Freitagabend hatten in der Türkei Teile der Armee einen Umsturzversuch gestartet, den die Regierung in Ankara am Samstagvormittag für gescheitert erklärte. Mehr als 260 Menschen wurden getötet. Präsident Erdogan kündigte anschließend eine «Säuberung» in der Armee an. Tausende Menschen wurden festgenommen. (epd)[embed:render:embedded:node:24412]