Ein «Adventskalender» für den Ramadan: Im Fastenmonat öffnen einige Muslime Türchen um Türchen

Erst eine Botschaft, dann Schokolade: Als spirituellen Begleiter im Ramadan bietet eine Muslimin eine Art Adventskalender an. Und hofft, dass er zu mehr Miteinander anregen möge. Von Leticia Witte

Die Überraschung gibt es nach Sonnenuntergang: Wie beim Adventskalender öffnen auch im Fastenmonat Ramadan einige Muslime Türchen um Türchen. Insgesamt sind es 30 Stück, für jeden Tag eines. Am Montag beginnt der diesjährige Ramadan. Zwischen dem Beginn der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang sind das Essen, Trinken, Rauchen und der Geschlechtsverkehr für Muslime untersagt. Täglich wird mit dem Iftar, dem festlichen Abendessen, das Fasten beendet. Dann geht auch das Türchen im Kalender von Nadia Doukali auf, und die Schokolade zerschmilzt im Mund.

Der Adventskalender als Vorbild - dies war auch schon Gegenstand in einer Tübinger Ausstellung. Das dortige Stadtmuseum hatte vor zwei Jahren unter dem Titel «Spielend glauben. Religionen im Kinderzimmer» darüber informiert, dass Mädchen und Jungen der Ramadan mit der Schokolade hinter jedem Türchen «versüßt» werde. Auch in anderen, eher religionslosen Zusammenhängen habe der Adventskalender Impulse hinterlassen: In der DDR sei es der «Jahreswendkalender» gewesen, der mit 31 Türchen die Tage bis Silvester abgezählt habe, hieß es.

In Erwartung des islamischen Fastenmonats sagt Doukali: «Man braucht Geduld im Ramadan.» Die 45 Jahre alte Frankfurterin hat den neuen Kalender für den Fastenmonat entwickelt, der nach ihren Worten vor allem die spirituelle Ebene betonen soll. Aufklappbar wie ein Buch, steht auf jedem Türchen ein Wort, etwa «Sabr» für «Geduld» gleich am ersten Tag. Dahinter verbirgt sich Vollmilchschokolade mit Datteln. Dies spiele auf Milch und Datteln an, die zum Iftar gereicht würden, erklärt Doukali, die auch Kinderbuchautorin ist.

Ihr Produkt heißt «Iftarlender». Die jeweilige Botschaft sei als Wegbegleiter gedacht. «Das ist mein Anker für den ganzen Tag», sagt die gebürtige Marokkanerin. Die Botschaften zielten auch auf das Miteinander ab: «Frieden», «Glauben» und «Wissen». Die letzten beiden Begriffe passten gut zu einem bestimmten Tag des Ramadan: «Nach der Erfahrung ist der fünfte Tag der härteste.» Ohne an sich selbst zu glauben, sei der Fastenmonat nicht durchzuhalten. «Gott will von uns, dass wir uns finden», so Doukali.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, findet den «Iftarlender» nach eigenem Bekunden gut: «Es ist eine sehr liebevolle und gute Idee, die wir als eine sinnvolle Dreingabe für Muslime im Ramadan ansehen,» sagte er kürzlich der Deutschen Welle. So hätten auch Kinder und Jugendliche mehr vom Fastenmonat. Auf Twitter finden sich ebenfalls positive Kommentare.

Auch Nichtmuslime hätten Interesse an ihrem Kalender, berichtet die dreifache Mutter Doukali. Ohnehin müsse man mehr miteinander reden und Brücken zwischen den Religionen bauen. Sie habe aber auch schon Kritik gehört, etwa, dass sie den Kalender von den Christen kopiert habe. Doukalis Meinung dazu: «Gott hat uns alle geschaffen.»

Dass es nicht immer leicht mit Entlehnungen aus anderen Kulturen und Religionen ist, hat sich im Advent vergangenen Jahres gezeigt. Zu Beginn hatte ein Adventskalender mit orientalischen Motiven für heftige ablehnende Reaktionen im Internet geführt - zugleich aber auch zu viel Zustimmung. Die Verpackung stelle «eine Visualisierung der damaligen lokalen Lebensumstände» dar, erklärte seinerzeit der Hersteller. Dazu gehöre auch «Architektur und Kultur, wie diese in der orientalischen Welt zu Christi Geburt gewesen sein könnte».

Ein Nutzer schrieb damals im Internet: «Die Menschen werden immer dümmer, sie glauben, Jesus wäre Deutscher, genauso deutsch wie seine Jünger, Bethlehem wär Buxtehude, und Nazareth läge in Bayern.» (KNA)