Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer: Scharia-Äußerungen von Muslimen hinterfragen

Die Diskussion über die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, führt nach Ansicht der Berliner Forscherin Gudrun Krämer in die Irre. «Ich halte die Frage in dieser Form für unsinnig», sagte die Islamwissenschaftlerin der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag). «Fragen soll und muss man, ob Musliminnen und Muslime so denken und leben, dass es hier akzeptabel ist».

Zu einer differenzierteren Wahrnehmung rief Krämer etwa bei der Auseinandersetzung mit dem islamischen Scharia-Recht auf. «Wenn Muslime sagen, die Scharia solle Geltung haben, womöglich auch in Deutschland und Europa, sollte man genauer prüfen, was sie sich darunter vorstellen.»

Wer die Einführung der Körperstrafe fordere, dürfe in Deutschland selbstverständlich nicht das Sagen haben, betonte die Wissenschaftlerin. Wenn sich aber Muslime dafür stark machten, dass «im Konfliktfall» das göttliche über dem staatlichen Gesetz stehen solle, «sagen sie meines Erachtens nach nichts anderes als Christen, die im Zweifelsfall das Gebot Jesu Christi über eine staatliche Rechtsordnung stellen».

Nach diesem Grundsatz habe die Bekennende Kirche unter dem nationalsozialistischen Regime geurteilt, so Krämer weiter. Auch das Kirchenasyl könne in einem demokratischen System in Konflikt zur staatlichen Rechtsordnung treten. «Ich kann ein solches Argument nicht in Bausch und Bogen verurteilen und apodiktisch staatliches Gesetz höher bewerten als alle anderen Bezüge», so die Islamwissenschaftlerin. «Wie sonst könnte ich den Widerstand gegen staatliches Unrecht rechtfertigen?» (KNA)