Slowakei-Wahl: "Für Gott und Nation" und "gegen Muslime"

Regierungschef Fico wollte Muslime von der Slowakei fernhalten. Dafür hat er Rechtsextremisten salonfähig gemacht. Nun steht das Land vor einer schwierigen Regierungssuche. Von Christoph Thanei

Bei der slowakischen Parlamentswahl haben mehrere Parteien überrascht. Aber wirklich zufrieden zeigte sich nur die Partei, deren Erfolg bei den anderen für größtes Entsetzen sorgte: die mit acht Prozent Stimmenanteil zum ersten Mal ins Parlament gekommene rechtsextremistische Volkspartei Unsere Slowakei LSNS.

Parteichef Marian Kotleba verweigerte zunächst Interviews mit Medienvertretern, dafür dankte er auf der Internetseite der Partei «allen jenen Wählern, die sich nicht von der Lügenpresse beeinflussen ließen» und dennoch ihn und seine Partei gewählt hätten. Nun könne man den Kampf «für Gott und für die Nation im Parlament fortsetzen».

Aus den Worten von Vizeparteichef Schlosar sprach ein unverhohlenes Triumphgefühl: «Der Einzug der LSNS in den Nationalrat (so heißt das slowakische Parlament offiziell) ist ein historischer Meilenstein, mit dem unser Kampf für die Befreiung der Slowakei und Erneuerung ihrer Souveränität im Parlament beginnt.»

Damit spielte Schlosar auf die traditionelle Kritik der Rechtsextremisten an, dass die traditionellen Parteien allesamt nur «Diener von Brüssel und Washington» seien und ausländischen Interessen dienten. Im vergangenen Jahr hatten sie rund 5.000 Teilnehmer zu einer fremdenfeindlichen Großdemonstration in Bratislava unter dem Slogan «Gegen die Islamisierung Europas und das Brüsseler Diktat!» gelockt.

Nach Bekanntwerden des Wahlausgangs wiesen die Parteichefs der meisten bürgerlichen Parteien darauf hin, dass der sozialdemokratische Ministerpräsident Robert Fico selbst eine antimuslimische Kampagne gegen die Aufnahme von Flüchtlingen geführt und damit erst den Boden für den Wahlerfolg der Rechtsextremisten bereitet habe.

Tatsächlich hatte Fico das von den Rechtsextremisten auf ihrer Demonstration eingeführte Schlagwort vom «Brüsseler Diktat!» wortwörtlich in seine Wahlkampfreden übernommen, in denen er verpflichtende Quoten für die Aufteilung von Flüchtlingen auf die EU-Länder ablehnte. Umfragen hatten ihm bescheinigt, dass er mit diesem Thema große Wählersympathien erhalten würde. Fico betonte nach der Wahl, dass seine seit 2012 allein regierende Partei Smer-Sozialdemokratie der eigentliche Wahlsieger sei.

Tatsächlich verlor die Fico-Partei deutlich Stimmen, sie stürzte von 44,4 Prozent vor vier Jahren auf 28,3 Prozent ab. Allerdings bleiben die Sozialdemokraten stärkste politische Kraft - und das mit deutlichem Abstand auf die zweitplatzierte liberale Partei Freiheit und Solidarität SaS des auch aus deutschen TV-Talkshows bekannten Euro-Kritikers Richard Sulik, die auf 12,1 Prozent kam.

Gerade Sulik, dessen Partei in allen Umfragen knapp an der Fünfprozenthürde gelegen war, kündigte nach seinem überraschend starken Abschneiden an, die Möglichkeiten für eine bürgerliche Koalition gegen die Sozialdemokraten, aber auch ohne die Rechtsextremisten ausloten zu wollen.

Eine politische «Pattsituation», wie sie Fico noch in der Wahlnacht konstatierte, kommt der Slowakei gerade jetzt besonders ungelegen. Am 1. Juli übernimmt das Land nämlich für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft.

Der von den Sozialdemokraten nominierte, aber formell parteilose Außenminister Miroslav Lajcak war erschüttert vom Wahlergebnis und zeigte sich besorgt um das internationale Ansehen der Slowakei: «Niemand hat Grund, sich zu freuen, denn wir haben Faschisten ins Parlament gewählt.» Dies sei ein Wendepunkt in der slowakischen Demokratie, meinten auch Politiker anderer Parteien. (dpa)