Syriens Diktator Assad weist in ARD-Interview Vorwurf des Aushungerns zurück

Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat Berichte zurückgewiesen, wonach seine Truppen Tausende eingekesselte Menschen von der Lebensmittelzufuhr abschneiden. Aus den von der Opposition beherrschten Gebieten heraus werde die syrische Armee bekämpft, und Städte unter Regierungskontrolle würden beschossen, sagte Assad in einem ARD-Interview. «Wie sollen wir diese Gebiete von der Nahrungsmittelzufuhr abschließen, wenn wir sie doch nicht an der Beschaffung von Waffen hindern können?» sagte er.

Erst am Montag hatten die Vereinten Nationen davor gewarnt, dass in den belagerten Städten Tausende Bewohner vom Hungertod bedroht seien.

Mit Blick auf Deutschland erklärte Assad, es sei «gut, wenn Flüchtlinge aufgenommen werden, die ihr Land aufgrund der herrschenden Not verlassen». Es stelle sich aber die Frage, ob es nicht klüger und auch «weniger kostspielig» wäre, Syrern zu helfen, in ihrem eigenen Land leben zu können. Dafür müsse sich der Westen entschließen, gegen den Terror und nicht zu gegen sein Land zu kämpfen, sagte Assad in dem Interview mit dem ARD/SWR-Korrespondenten Thomas Aders in Damaskus. Die Ausstrahlung des 25-minütigen Exklusiv-Gesprächs wurde für Dienstagabend in der Sendung «Weltspiegel-Extra» auf tagesschau.24 angekündigt.

Die seit Samstag geltende Waffenruhe bezeichnete Assad als «Hoffnungsschimmer» für sein Land. Seine Regierung werde «das Unsrige tun, damit das Ganze funktioniert», sagte er. Er bot den Kämpfern der Opposition eine Amnestie und gegebenenfalls eine «Rückkehr in ihr normales zivilisiertes Leben» an. Bedingung sei, dass sie die Waffen abgeben. Bereits vor der Waffenruhe habe es in dem Bürgerkriegsland einzelne lokale Waffenstillstände und ein Angebot zur «Aussöhnung» gegeben, erklärte er.

Die Lage der Bevölkerung in seinem Land bezeichnete Assad als «humanitäres Desaster». Zugleich lehnte er jede Verantwortung für den Bürgerkrieg ab, gestand aber ein, dass Syrien nicht mehr «vollständig souverän» sei. So benötige das Land militärische Hilfe aus Russland, dem Iran und dem Libanon. Das geschehe aber, um das Übergreifen des islamistischen Terrors auch auf «andere Gebiete und nicht nur in Nachbarländer» zu begrenzen, sagte der Präsident. Letztlich «sind sie nicht zu unserer Verteidigung gekommen, sondern zu ihrer eigenen Verteidigung».

Der Chefredakteur von ARD Aktuell, Kai Gniffke, begründete im Blog der «Tagesschau» die Entscheidung für ein Interview mit Assad. Mit dem syrischen Diktator zu sprechen und ihn zu befragen bedeute nicht, sich mit ihm gemein zu machen, seine Politik gut zu heißen oder zu tolerieren, schrieb Gniffke: «Vielmehr geht es darum, etwas von ihm wissen zu wollen, zu erfragen, wie er die Dinge sieht und zu zeigen, wie er tickt.» Das sei eine Kernaufgabe von Journalismus, betonte der Chefredakteur in dem Eintrag unter der Überschrift «Darf man mit Assad reden?» Man hoffe mit dem Interview dazu beizutragen, dass sich die Zuschauer und Nutzer ein eigenes Urteil über den Syrien-Konflikt bilden können. (epd)