Zentralrat der Muslime in Deutschland: Einheimische Muslime bei Integrationsaufgabe einbeziehen

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat gefordert, bei der Integration von Flüchtlingen die bereits im Land lebenden Einwanderer stärker einzubeziehen. "Ich vermisse, dass in den politischen Debatten überlegt wird, wie die einheimischen und schon seit Jahren in Deutschland lebenden Migranten einbezogen werden können", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek der Nachrichtenagentur AFP. "Wir haben da eine Schlüsselfunktion."

Die bereits in Deutschland heimischen Migranten könnten "Kulturdolmetscher und Mentalitätsübersetzer" für die Flüchtlinge sein. "Wir als deutsche Muslime haben eine besondere Verantwortung und Brückenfunktion", sagte Mazyek. "Wir leisten eine Menge in der Flüchtlingsarbeit und können dies auch bei der Darstellung unseres Landes und unserer Gesellschaft tun." Gemessen an diesen Möglichkeiten sei dafür "die Unterstützung durch die öffentliche Hand eher bescheiden", kritisierte der Zentralratsvorsitzende.

Mazyek unterstützte das von der CDU für die Integration ausgegebene Motto "Fördern und Fordern", kritisierte die aktuelle Debatte darüber aber als "oft sehr hektisch". "Wir müssen die Gräben schließen und nicht so viel auf den Stammtisch schielen und uns wirklich konkret um die Umsetzung von Integration zu bemühen", forderte der 47-Jährige.

"Die Flüchtlinge kommen mit einem unbändigen Willen des Überlebens und auch mit vielen Talenten und Qualifikationen hierher", sagte der gebürtige Aachener. "Das ist eine Wahnsinnskraft, von der können die Flüchtlinge und wir alle anderen auch profitieren. Und zwar indem die Neuankömmlinge sagen: Ich bin bereit, mich auf die neue Heimat einzulassen." Die deutsche Gesellschaft müsse ihrerseits die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren und ihnen deutlich machen: "Ihr werdet hier gebraucht."

Der ZMD-Vorsitzende erinnerte daran, dass viele Flüchtlinge vor Krieg, Bomben und Terrorismus flohen. "Nicht alle Flüchtlinge sind traumatisiert, aber viele brauchen sicherlich Unterstützung und bekommen diese noch nicht ausreichend" kritisierte Mazyek. "Das ist ein wichtiger Aspekt, der noch viel mehr in die politischen Überlegungen einbezogen werden muss."

Angesichts der intensiven Debatte um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik befürchtet der Sohn eines Syrers und einer Deutschen, dass es bei den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Mitte März einen Rechtsruck in den Wahlergebnissen gibt. "Ich sehe schon in den letzten Jahren eine zunehmende Verschärfung in der Integrationsdebatte und der Diskussion darüber, ob der Islam ein Teil des Landes ist oder nicht."

Für Mazyek bedeutet ein mögliches Erstarken der AfD aber nicht, dass die Stimmung in Deutschland dauerhaft kippt. "Denn auf der anderen Seite erleben wir auch, dass andere Teile der Gesellschaft es versuchen zu leben, dass wir eine bunte Republik sind", sagte er. "Daher vertraue ich auf die Langzeitkräfte in der Demokratie und einer intakten Gesellschaft, wo der soziale Kitt noch vorhanden ist." (AFP)