Konfliktforscher Heitmeyer sieht Kölner Ereignisse als Machtdemonstration

Bei den Gewalttaten in Köln ging es nach Darstellung des Bielefelder Konfliktforschers Wilhelm Heitmeyer vor allem um eine Machtdemonstration. Im Schutz der Masse könnten insbesondere Flüchtlinge, die im Alltag häufig individuelle Ohnmacht erlebten, das Gefühl kollektiver Allmacht erfahren, schreibt der ehemalige Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld in der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch).

«In der Eigengruppe gewinnt man Anerkennung, bei der Fremdgruppe erzeugt man Angst», analysiert Heitmeyer. Dies gelte umso mehr, wenn die Täter aus Kulturen stammten, in denen «die Ungleichwertigkeit von Frauen normal ist und spezifische Akte gegen Frauen bei gruppenspezifischer Unterstützung bereits in Herkunftsstaaten dazugehören».

Der Wissenschaftler fürchtet, dass von den Kölner Ereignissen negative Wirkungen wie eine zunehmende Politikverhöhnung ausgehen: Rechtspopulistische Bewegungen seien abhängig von «emotional ausbeutbaren Signalereignissen» wie der Kölner Silvesternacht. Dagegen kämen rationale Argumente wie der Hinweis auf niedrigere Kriminalität bei Migranten nicht an.

Als Folge aus den Kölner Ereignissen fordert Heitmeyer eine Debatte darüber, was Integration bedeutet. Auch müssten sich Politik und Gesellschaft darauf vorbereiten, dass es in manchen Stadtvierteln und Städten eine veränderte Bevölkerungszusammensetzung geben werde. Mit Blick auf die Sicherheit fordert der Gewaltforscher Erkenntnisse darüber, wie Tätergruppen mobilisieren und wie Sicherheitskräfte in unübersichtlichen Massensituationen die Kontrolle behalten können. (KNA)

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