Nach AKP-Wahlsieg fordert Davutoğlu Opposition zu Gesprächen über Verfassung auf

Nach dem Wahlsieg der Regierungspartei AKP in der Türkei haben sich am Montag die Blicke auf eine mögliche Verfassungsreform gerichtet. Ministerpräsident und AKP-Chef Ahmet Davutoğlu rief die Oppositionsparteien im Parlament auf, zusammen mit der Regierungspartei eine neue Verfassung auszuarbeiten. Die AKP strebt die Umstellung auf ein Präsidialsystem an, das die Vollmachten von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan beträchtlich ausweiten würde.

Die AKP verfügt im neuen Parlament laut inoffiziellen Ergebnissen über 315 von 550 Sitzen und kann damit allein regieren. Für Verfassungsänderungen sind jedoch mindestens 330 Stimmen im Parlament erforderlich - für dieses Vorhaben braucht die AKP also Verbündete. Von den drei Oppositionsparteien im Parlament lagen am Montag zunächst keine Reaktionen auf Davutoğlus Appell vor.

Die AKP hatte bei der Parlamentsneuwahl am Sonntag überraschend stark abgeschnitten und. Die säkularistische Partei CHP erreichte als stärkste Oppositionskraft rund 26 Prozent. Die nationalistische MHP kam auf zwölf Prozent und die Kurdenpartei HDP fuhr 10,7 Prozent ein.

Nach dem Wahlsieg der Regierungspartei AKP hat die EU-Kommission die hohe Wahlbeteiligung gelobt. Die Beteiligung von 85 Prozent zeige "das starke Bekenntnis des türkischen Volkes zum demokratischen Prozess", erklärten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Montag in Brüssel. Die EU werde mit der neuen türkischen Regierung zusammenarbeiten, um die Beziehungen zwischen Ankara und Brüssel zu verbessern. Präsident Erdoğan und seine AKP wurden in der kurzen Erklärung nicht erwähnt.

Zum Ablauf der Abstimmung äußerten sich Mogherini und Hahn zunächst nicht. Sie verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die im Laufe des Tages eine Bewertung vorlegen wollen.

Einer der wichtigsten Wirtschaftsverbände der Türkei appellierte am Montag an alle Parteien, zum Reformkurs zurückzukehren. Der Wirtschaftsverband Tüsiad, der einige der größten Unternehmen des Landes vertritt, rief die Politik auf, die gesellschaftliche Polarisierung abzubauen und Reformen anzugehen. Die demokratischen Standards müssten angehoben und der Rechtsstaat gestärkt werden, forderte der Verband. (AFP)