Mit prominenten YouTubern gegen islamistische Vereinfacher

An Warnungen vor islamistischer Propaganda im Internet mangelt es nicht: Immer wieder mahnen Politiker und Experten, dass gerade junge Menschen auch in Deutschland im Netz durch Dschihadistengruppen wie den Islamischen Staat (IS) radikalisiert werden können. Gegen die Verführer und Vereinfacher setzt die Bundeszentrale für politische Bildung nun auch auf die Hilfe prominenter YouTuber wie LeFloid. Ab Ende September sollen sie in Videos für Aufklärung sorgen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte erst jüngst bei der Vorstellung des Halbjahresberichts des bayerischen Verfassungsschutzes vor der Gefahr zunehmender Internetpropaganda durch Islamisten: "Sie nutzen alle Möglichkeiten des Internets für Propaganda und Missionierungen, insbesondere gehen sie massiv in die sozialen Netzwerke." Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Ralf Jäger (SPD) verwies auf die "aggressive und hochprofessionelle Propaganda" des IS, die weltweit über das Internet verbreitet werde. Junge Menschen würden so auch in Deutschland zur Gewaltbereitschaft und zu einem extremistischen Weltbild verführt.

Doch wie sieht islamistische Propaganda im Netz überhaupt aus? "Ein Großteil der Propaganda setzt auf emotionale Wirkung, beispielsweise Darstellungen von leidenden Menschen", erklärt die Leiterin des Bereichs Politischer Extremismus bei der Internet-Jugendschutzstelle jugendschutz.net, Christiane Schneider. Diese Darstellungen würden instrumentalisiert, "um Gewalt und Terror gegen die vermeintlichen 'Feinde des Islam' zu rechtfertigen". Geködert werde zudem mit "Erlebnisangeboten, hippen Bildern und poppigen Designs".

Besonders junge Internet-Nutzer würden über Bezüge zu ihrer Lebenswelt und konkrete Identitätsangebote angesprochen, erklärt Schneider die Herangehensweise. "Geboten werden Möglichkeiten zur Rebellion, ein verbindliches und umfassendes Regelwerk sowie eine Gemeinschaft, die sich durch Stärke auszeichnet".

Islamisten böten Antworten auf Lebensfragen und "eine Ersatzfamilie, die sich kümmert". Für Jugendliche, die ihren Platz in der Gesellschaft suchten oder aufgrund ihrer muslimischen Herkunft Ablehnung erfahren, könne das ein "attraktives Angebot" sein. Jugendschutz.net geht nach eigenen Angaben auf Provider und Plattformbetreiber zu, damit islamistische Inhalte aus dem Netz verschwinden.

Eine Art Gegenoffensive startet nun die Bundeszentrale für politische Bildung. Prominente YouTuber erklären in Videos etwa Kernbegriffe des Islam wie die Umma, die Gemeinschaft aller Muslime, oder das Kalifat. Zudem sprechen sie in anderen Filmen mit Islamexperten. Gewonnen wurden für das Programm bereits der Youtube-Star LeFloid, der jüngst mit einem Interview mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Schlagzeilen sorgte, die Beauty-Bloggerin Hatice Schmidt oder MrWissen2Go, der auf seinem YouTube-Kanal Allgemeinwissen vermitteln will.

Zur Idee hinter diesen Videos erklärt Arne Busse von der Bundeszentrale für politische Bildung, bei den "identitätsstiftenden Faktoren" bei Extremistenorganisationen wie dem IS falle auf, dass streng zwischen Gläubigen und Ungläubigen unterschieden werde. Zudem gebe es eine Orientierung am Islam des siebten Jahrhunderts, bei der Auslegung des Korans gebe es nur richtig oder falsch.

"Wir brauchen also Angebote, die deutlich machen, dass der Islam sehr viel differenzierter ist", sagt Busse. Auch "Ausgrenzungserfahrungen", die in Deutschland lebende Muslime gemacht haben, müssten eine Rolle spielen. Zudem müsse berücksichtigt werden, "dass das Publikum oft religiös ungebildet ist".

Illusionen über die Wirkung der YouTube-Videos macht sich Busse allerdings nicht. "Menschen, die bereits radikalisiert sind, haben ein sehr geschlossenes Welt- und Religionsbild. Sie werden solche Angebote vermutlich nicht wahrnehmen oder ablehnen", sagt der Experte. Ansatz der YouTube-Videos sei es, "diejenigen aufzuklären, die noch nicht so weit radikalisiert sind". (AFP)