Mohammed-Karikaturist Lars Vilks nach Anschlägen: «Wir dürfen nicht aufgeben»

Der schwedische Zeichner Lars Vilks will auch nach den Terroranschlägen von Kopenhagen weiter für Meinungsfreiheit eintreten. «Konzepte wie Demokratie und Meinungsfreiheit sind nicht verhandelbar. Wir dürfen uns nicht von Bedrohungen beeinflussen lassen und unsere Regeln infrage stellen», sagte er der Zeitung «La Repubblica» (Montag). Der erste Angriff am Samstag galt vermutlich Vilks, der als Redner an der Veranstaltung teilnahm. Islamisten kritisieren ihn seit Jahren wegen seiner Mohammed-Karikaturen.

«Wir dürfen nicht aufgeben. Wir können unsere Idee von Demokratie nicht ändern, nur weil sie den Mördern nicht gefällt», sagte er dem Blatt. Er forderte, der Islam müsse offen sein für eine Diskussion über Meinungsfreiheit. «Ich hoffe, dass auch dieser Angriff, obwohl er die Angst wachsen lässt, dazu beiträgt, die Diskussion auszuweiten. Meinungsfreiheit ist ein extrem wichtiges Thema.»

Er selbst werde trotz der Anschläge in Zukunft weiter seine Arbeit machen und für Meinungsfreiheit kämpfen. «Ich denke, dass der Humor eine mächtige Waffe ist, die immer überlebt und die Antwort auf viele Fragen im Leben ist.» Seine umstrittenen Zeichnungen habe er nie bereut, sagte er der Zeitung «La Stampa»: «Ich bin zufrieden, dass ich sie gemacht habe, dass man über Freiheit spricht.»

Lars Vilks hat starke Nerven. Als das Terrornetzwerk Al-Qaida im September 2007 ein Kopfgeld von 150.000 Dollar auf den schwedischen Kunstprofessor aussetzte, schaute der sich gerade die Kasseler documenta an. Die Drohung wegen seiner Mohammed-Karikatur ließ Vilks damals kalt. «Was könnte man sich beim heutigen Dollarkurs schon für meinen Kopf kaufen? », scherzte er. Auslöser war damals die Veröffentlichung einer Zeichnung Vilks, die einen Mohammed-Kopf auf einem Hund zeigte. Damit habe er auf die «künstliche Zurückhaltung» von Künstlern vor religiösen Tabus hinweisen wollen, sagte der heute 68-jährige Künstler damals. Eigentlich war die umstrittene Zeichnung für eine Ausstellung über den «Hund in der Kunst» vorgesehen. Die Ausstellungsmacher zogen das Bild aber unmittelbar vor Eröffnung der Schau im Juli 2007 zurück. Wenig später druckte die schwedische Zeitung «Nerikes Allehanda» die Karikatur als Illustration zu einem Leitartikel über Selbstzensur und Religionsfreiheit ab.

Auch in der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo», auf die Anfang Januar 2015 ein Terroranschlag mit zwölf Toten verübt worden ist, veröffentlichte Vilks Zeichnungen. Die Folge waren Proteste in der islamischen Welt, wenn auch längst nicht so heftige wie 2005, als der dänische Zeichner Kurt Westergaard seine Mohammed-Karikaturen in der Zeitung «Jyllands-Posten» veröffentlicht hatte. Der Künstler provoziert gerne in jede Richtung. Als Kritiker damals meinten, er würde ja auch nicht die Zeichnung einer «Judensau» veröffentlichen, tat Vilks das postwendend. Und genauso heftig schlug er in zahllosen Debatten verbal auf die seiner Meinung nach herrschende Unterdrückung künstlerischer Freiheit durch die katholische Kirche in Polen ein.

Vilks wurde bereits mehrfach bedroht

Seither steht Vilks unter Polizeischutz. Er ist mehrfach das Ziel von Extremisten geworden. Im Mai 2010 warfen zwei Männer Benzinflaschen durch ein Fenster in sein Haus, während einer Vorlesung an der Universität Uppsala wurde er von einem Zuschauer angegriffen und leicht verletzt. «Ich erhalte ständig Drohungen per Mail und Telefon», sagte er in einem Interview. Als Schwedens Hauptstadt Stockholm im Dezember 2010 nur knapp einer verheerenden Terrorkatastrophe ging - mitten im Einkaufstrubel sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft, wie durch ein Wunder kam außer dem Attentäter niemand ums Leben - war zuvor eine Drohmail eingegangen. Darin wurde der Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan verurteilt - und «das Schweigen des schwedischen Volkes» zur Mohammed-Karikatur von Vilks. Im Januar 2014 schließlich wurde in den USA die zum Islam konvertierte Colleen LaRose alias «Dschihad Jane» zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil sie zusammen mit islamistischen Verschwörern Vilks töten wollte. Das Mordkomplott wurde nie ausgeführt. LaRose reiste 2008 zwar nach Europa, aber ein Treffen mit den Drahtziehern der Verschwörung kam nicht zustande.

Provokateur und Künstler

Als Künstler ist Vilks vor allem durch die riesige Holzinstallation «Nimis» aus Treibholz auf der Halbinsel Kullaberg in Südschweden bekannt. Aus Solidarität mit dem trotzigen Schweden kaufte der deutsche Künstler Joseph Beuys 1986 «Nimis». Später gehörte die Skulptur dem Verpackungskünstler Christo.

Bei dem Anschlag während einer Diskussion zum Thema Meinungsfreiheit in einem Kulturzentrum im dänischen Kopenhagen sei Vilks nicht verletzt worden, teilte die Polizei mit. Er sei von Bodyguards beschützt worden. Ein Zuschauer starb bei dem Attentat.

Der dänische Zeichner, dessen Mohammed-Karikaturen 2005 im «Jyllands-Posten» zu gewaltsamen Protesten in der islamischen Welt führten, Kurt Westergaard, zeigte sich nach dem Anschlag auf Lars Vilks wütend. Er habe Vilks mehrmals getroffen. «Er ist ein sehr scharfer Karikaturist und man kann ihn auch nicht stoppen», sagte Westergaard gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. (dpa/Reuters/AFP)