Politik der Versöhnung in kleinen Schritten

Die Lage im überwiegend von Muslimen bewohnten Süden Thailands ist weiterhin kritisch, da die Übergangsregierung den Konflikt in der Region nicht in den Griff bekommt. Jetzt soll Malaysia mithelfen, den Süden zu befrieden. Von Nicola Glass

Die Lage im überwiegend von Muslimen bewohnten Süden Thailands ist weiterhin kritisch, da die Übergangsregierung den Konflikt in der Region nicht in den Griff bekommt. Jetzt soll Malaysia mithelfen, den unruhigen Süden zu befrieden. Nicola Glass informiert.

Soldat und muslimische Studentinnen in der süd-thailändischen Unruheprovinz Yala; Foto: AP
Allein kann Thailand den Konflikt in den überwiegend von Muslimen bewohnten Unruheprovinzen Narathiwat, Pattani und Yala nicht bewältigen.

​​"Es ist uns noch nicht gelungen, die Herzen im Süden zu gewinnen", musste Thailands Übergangspremier Surayud Chulanont vor wenigen Tagen einräumen.

Zwar hat er sich für die Menschenrechtsverletzungen der Thaksin-Regierung im Süden öffentlich entschuldigt. Doch die Gewalt in den thailändischen Südprovinzen an der Grenze zu Malaysia reißt deswegen noch lange nicht ab. Allein bekommt Thailand den blutigen Konflikt nicht in den Griff.

Malaysia als neuer Partner

Jetzt hat das Land nach einem Besuch von Malaysias Premier Abdullah Badawi zugestimmt, dass der Nachbar Malaysia mithelfen könnte, die hauptsächlich von Muslimen bewohnte Region zu befrieden. Das ist ein Novum.

Fast zeitgleich war auch Malaysias früherer Vizepremier Anwar Ibrahim in Bangkok zu Gast. Ibrahim wurde 1998 wegen angeblicher Homosexualität und Korruption inhaftiert, 2004 jedoch von der Regierung Badawi begnadigt.

Anwar Ibrahim; Foto: AP
Zur Beendigung der Krise sind nicht nur Generäle, sondern auch Zivilisten gefragt, so der frühere malaysische Vizepremier Anwar Ibrahim.

​​Zur Lage im Süden und der möglichen Rolle Malaysias in dem Konflikt erklärte er, dass zur Lösung nicht allein Generäle, sondern auch Zivilisten notwendig seien. Man brauche die Mitwirkung aller Thais, auch der Buddhisten.

Ferner müssten die malaysischen Autoritäten und die Regierung, insbesondere Premier Abdullah Badawi, dazu bringen, verstärkt auf alle Muslime des Südens einzuwirken, um dem Frieden eine Chance zu geben, so Ibrahim.

Politik der harten Hand gegen Separatisten

Als der im vergangenen September durch das Militär entmachtete thailändische Premier Thaksin Shinawatra noch im Amt war, herrschte Eiszeit in den Beziehungen zu Malaysia. Thaksin hatte den Nachbarn beschuldigt, mutmaßliche Separatisten zu verstecken. Den Konflikt im Süden hatte er versucht, mit harter Hand zu lösen.

Führer einer muslimisch-thailändischen Gemeinschaft in Yala zeigt seine Waffen; Foto: AP
Griff zur Selbstjustiz: Während der letzten großen Unruhen in der Provinz Yala zeigt ein Führer der muslimisch-thailändischen Gemeinschaft seine Waffen zur Verteidigung.

​​Die Folge: Militärs und Sicherheitskräfte sind für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Bewohner wurden verschleppt und gefoltert, Unschuldige ermordet. Die Armee führte so genannte "schwarze Listen" über angebliche Separatisten.

Der Frieden im Süden sei nur möglich, wenn Thailands jetzige Übergangsregierung es schaffe, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen, sagt Sunai Phasuk von "Human Rights Watch Thailand". Sich für die Menschenrechtsverletzungen allein zu entschuldigen, reiche nicht aus, so Pashuk:

Für Gerechtigkeit und Menschenrechte

"Wir brauchen Gerechtigkeit! Wenn es keine neuen Untersuchungen über die Folterungen, Verschleppungen und Morde gibt, die zu juristischen Verurteilungen führen, dann ist Thailand nicht frei von den Problemen, die wir unter Thaksin erlebt haben", berichtet Pashuk. "Wir werden im Süden kein Ende der Gewalt sehen, solange die Regierung weiterhin keine Gerechtigkeit walten lässt."

Die Menschenrechtslage entscheidend zu verbessern, sei zudem unabdingbar für Thailands demokratische Entwicklung nach dem Militärcoup, sagt auch Kraisak Choonhavan, Ex-Senator und einer der schärfsten Kritiker Thaksins:

"Wenn es keine Gerechtigkeit gibt, werden wir keine freie Gesellschaft haben – egal in welch schönen Worten die Verfassung geschrieben sein wird." Choonhavan setzt die Menschenrechte daher ganz oben auf die Agenda, wenn es um die Demokratisierung Thailands geht.

Amnestie auch für Aufständische?

Es wird allerdings noch schwer werden, Thailands Muslime mit den staatlichen Autoritäten zu versöhnen. Derzeit räumen Beobachter dem Friedensprozess eher geringe Chancen ein. Sie monieren, dass die jetzige Regierung zwar die Menschenrechtsverletzungen unter Thaksin anprangere, aber gleichzeitig die Mittäterschaft von Militärs und anderen staatlichen Autoritäten herunterspiele.

Bei seinen Bemühungen sollte Thailand konsequent sein, sagt Malaysias früherer Vizepremier Anwar Ibrahim: "Wenn die Militärregierung den an Gewaltexzessen beteiligten Militär-Generälen eine Amnestie gewährt, warum nicht auch den Aufständischen? Das sind Fragen, die geklärt werden müssen."

Kürzlich hat Thailand angekündigt, es wolle mit Vertretern der gemäßigten Separatistengruppen Friedensgespräche aufnehmen. Dies wäre aber nur einer von vielen Schritten auf dem Weg zur nationalen Versöhnung.

Nicola Glass

© DEUTSCHE WELLE 2007

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