USA suchen kurzfristige Erfolge

Die USA setzen auf rabiate Methoden im Kampf gegen Drogen. In Kolumbien sollen weiter Koka- und in Afghanistan Schlafmohnfelder vernichtet werden. Das Drogenproblem wird dadurch nicht kleiner, im Gegenteil.

Verbrennung von Mohnsamen in Afghanistan, Foto: AP
Verbrennung von Mohnsamen in Afghanistan

​​Der Sturz der Taliban durch die USA hat Afghanistan blühende Landschaften beschert. Im Frühjahr werden an vielen Stellen des Landes Schlafmohnfelder wieder in voller Blüte stehen. Gefallen wird dieses Farbenspiel der Bush-Regierung freilich nicht, genauso wenig wie die Ergebnisse eines aktuellen UN-Berichts:

"Der Opium-Anbau breitet sich wie ein Buschfeuer in Afghanistan aus und könnte alles in Brand stecken: die Demokratie, den Wiederaufbau und die Stabilität", sagte der Direktor des UN-Büros zur Bekämpfung der Drogenkriminalität (UNODC), Antonio María Costa, bei der Veröffentlichung des Berichts in Genf.

Demnach wird in Afghanistan Schlafmohn, der Grundstoff für Opium und Heroin, auf 131.000 Hektar angebaut. Im Vergleich zum Jahr 2003 steigerte sich der Anbau in diesem Jahr um fast zwei Drittel. Das Land deckt inzwischen fast 90 Prozent des weltweiten Angebots an Opium ab.

Die afghanischen Bauern werden dem Bericht zufolge 2004 schätzungsweise 4.200 Tonnen Opium ernten. Der Wert der daraus hergestellten Opiate von 2,8 Milliarden Dollar entspreche über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Afghanistans.

Bush will vorzeigbare Erfolge

Der Präsident Afghanistans, Hamid Karsai, will dem Kampf gegen den Drogenanbau in seinem Land "allerhöchste Priorität" einräumen. Das sagte er in einem Interview mit dem Deutschland Radio am Freitag (19.11.).

Beinahe gleichzeitig hat die US-Regierung angekündigt, im kommenden Jahr härter gegen die "Opiumindustrie" vorzugehen. 780 Millionen US-Dollar sollen dafür vom US-Kongress bereitgestellt werden, acht mal soviel wie noch 2004.

Ein Großteil des Geldes soll für die Zerstörung von Schlafmohnfeldern und Opium-Laboren ausgegeben werden. Als Argument führen die USA ins Feld, dass der Verkauf von Opium eine wichtige Einnahmequelle für terroristische El Kaida-Gruppen sei.

Thomas Jäger, Politologe an der Universität Köln, lässt dieses Argument jedoch nur bedingt gelten: "Terrorgruppen sind nicht auf die Einnahmen aus Drogengeschäften angewiesen". Vielmehr verfolge die Bush-Administration innenpolitische Ziele.

"Hartes Durchgreifen in der Drogenpolitik - ein Thema, dem in den USA traditionell große Bedeutung beigemessen wird - dient dem Präsidenten dazu, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren", sagt Jäger.

Aufträge für Söldnerfirmen

Von der "Militarisierung" der Drogenpolitik, die laut Jäger bereits zu Zeiten von US-Präsident Bill Clinton eingesetzt hatte, profitiert vor allem die private Militärindustrie, deren Einfluss unter Bush enorm gestiegen ist. Viele Aufgaben, die einst den Streitkräften vorbehalten waren, werden nun von privaten Firmen erledigt.

Deutlich wird das im Irak, aber auch in der Drogenbekämpfung in Kolumbien. Das Besprühen und Abfackeln von Kokafeldern übernehmen dort Firmen wie zum Beispiel Dyncorp, eine Tochtergesellschaft von CSC (Computer Science Corporation). Bei seinem Besuch am vergangenen Wochenende (22.11) versprach Bush der kolumbianischen Regierung weitere Hilfe im Kampf gegen linke Rebellen und die Drogenkartelle.

Das bedeutet, auch Dyncorp bleibt im Geschäft. Die Firma ist überall auf der Welt im Auftrag des Pentagon tätig: im Irak, im Sudan oder auf dem Balkan. In Afghanistan kümmert sie sich um den Personenschutz von Präsident Karsai.

Dyncorp hat laut Economist zudem 50 Millionen US-Dollar bekommen, um Drogenbekämpfungsteams auszubilden. 400 Männer sollen bereits eine zweiwöchige Schulung bekommen und 1000 Hektar Schlafmohn zerstört haben. Beim Einsatz in der Provinz Wardak soll es dabei zu chaotischen Zuständen gekommen sein, als Bauern auf die Männer das Feuer eröffneten.

Rosen als Alternative

Diese rabiate Form der Drogenbekämpfung ist selbst unter Militärs umstritten. In Lateinamerika hat sie den Drogenanbau nicht eindämmen können. Das hatte im August dieses Jahres selbst der Chef der US-Drogenbehörde, John P. Walters, eingeräumt.

Nach Ansicht des Politologen Jäger ist der Drogenanbau durch das Besprühen der Felder nicht zurückgegangen, sondern stattdessen über den gesamten Andenraum lediglich zerstreut worden. "Für jeden zerstörten Hektar sähen die Drogenbarone an anderer Stelle einen neuen. Inzwischen hat auch Brasilien ein Drogenproblem im Norden des Landes", sagt Jäger.

Auch Hilfsorganisationen kritisieren das gewaltsame Vorgehen in der Bekämpfung des Schlafmohnanbaus. "Mit solchen Maßnahmen erreicht man sicher nicht das Herz und den Verstand der Kleinbauern", sagt Marion Aberle von der Deutschen Welthungerhilfe (DWHH). Es gehe vielmehr darum, den Bauern alternative Anbaumöglichkeiten aufzuzeigen.

"Diese Aufgabe ist mühsam, langwierig aber nachhaltig", so Aberle. Das größte Problem ist, dass Schlafmohn den verarmten Bauern nach wie vor wesentlich mehr einbringt, als jedes andere landwirtschaftliche Produkt. Eine mögliche Alternative ist laut Aberle der Anbau von Rosen.

Die DWHH hat mit Mitteln der GTZ und der EU in der östlichen Provinz Nangarhar an der Grenze zu Pakistan ein entsprechendes Pilotprojekt gestartet, an dem sich rund 300 Kleinbauern beteiligen.

In drei Jahren sollen 32 Hektar mit Ölrosen bepflanzen werden. Aus den Pflanzen soll dann Rosenwasser und Rosenöl hergestellt werden, das auf internationalen Märkten verkauft werden soll.

Steffen Leidel

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004