"Eine andere Welt ist möglich"

Zwischen dem 16. und 21. Januar fand im indischen Bombay (Mumbai) das 4. Weltsozialforum statt. Teilnehmer aus aller Welt diskutierten erneut über Themen wie Welthandel, Umweltschutz oder Rassismus. Thomas Bärthlein sprach mit einem der Organisatoren.

Gateway of India in Bombay, Foto: AP
Gateway of India in Bombay

​​In der indischen Industriemetropole Bombay beginnt an diesem Freitag (16. 1.) das vierte Weltsozialforum. Zu dem Gipfeltreffen der Globalisierungskritiker werden 75.000 Menschen erwartet, die sich mit Welthandel, Nord-Süd-Fragen, Krieg und Frieden, Umweltschutz, Landwirtschaft, Rassismus, Gleichberechtigung und vielen anderen Themen befassen. Im Mittelpunkt steht die Kritik an der neoliberalen Globalisierung und der Entwurf von alternativen Politik-Modellen. Bis zum 21. Januar sind unter dem Motto «Eine andere Welt ist möglich» rund 1.000 Veranstaltungen geplant.

Auch das erste Weltsozialforum, das nicht im brasilianischen Porto Alegre stattfindet, wird eine Massenveranstaltung. "73.000 haben sich im Vorfeld angemeldet. Daher glaube ich, dass zwischen hundert- und hundertfünfzigtausend teilnehmen werden, vielleicht sogar mehr", sagt Kamal Chenoy, Mitglied im indischen Organisationskomitee

Mehr als 1.200 Seminare werden in den kommenden Tagen in Bombay stattfinden - andere Großveranstaltungen, wie ein internationales Parlamentariertreffen oder ein Camp mit mehr als 10.000 Jugendlichen aus aller Welt kommen hinzu.

Finanzierung aus dem Ausland

Lange umstritten war die Finanzierung des Treffens, doch schließlich haben sich die Veranstalter auf eine Position geeinigt: "Wir haben von keiner Regierung Geld angenommen", so Kamal Chenoy. "Andere Institutionen, die verschiedene Aktivitäten fördern, wie die Ford- oder die Rockefeller-Stiftung - von denen die Organisatoren der Weltsozialforen in Porto Alegre Geld genommen hatten - haben wir nach Diskussionen abgewiesen; wir wollten kein Geld von Organisationen, von denen man denkt, dass sie auf der Seite der neoliberalen Globalisierung stehen. Auch von Firmen, multinationalen Konzernen und dergleichen haben wir kein Geld genommen. Von anderen Organisationen wie Oxfam oder der Heinrich-Böll-Stiftung dagegen haben wir finanzielle Unterstützung akzeptiert."

Dennoch ist es in den indischen Medien ein wichtiges Thema, dass das Forum überwiegend aus dem Ausland finanziert wird. Und für einige Gruppen vor allem aus dem maoistischen Spektrum war das sogar Grund genug, mit "Mumbai Resistance" ein eigenes Forum ins Leben zu rufen. Aber Kamal Chenoy gibt sich gelassen:

"Wenn einige unserer Freunde uns kritisieren, ist das ihr gutes Recht. Wir werden aber nicht genauso reden, wie sie es tun. Wir halten das nicht für eine demokratische Sprache. Und unglücklich sind wir nicht über ihr Fernbleiben, schließlich kommen ohnehin so viele Leute, dass es schwer genug wird, alles im Griff zu haben."

Nicht ein Modell für alle

Pluralität, die Vielfalt von Meinungen aus aller Welt, ist für eine so breit angelegte Veranstaltung entscheidend, argumentiert Kamal Chenoy - im Alltag Sozialwissenschaftler an der Jawaharlal-Nehru-Universität in Delhi: "Wir können doch nicht verlangen, dass es nur ein Modell für alle geben soll - wie man früher vom sowjetischen oder chinesischen Modell gesprochen hat. Diese Tage sind nun wirklich vorbei!"

Aus einer globalen Perspektive betrachtet, soll das Forum in Bombay neue Themen in die bisher von Lateinamerikanern und Europäern dominierte Bewegung der Globalisierungs-Kritiker einbringen: Religiöse Konflikte und die Unterdrückung der unteren Kasten in Indien beispielsweise.

Nur wenige Teilnehmer aus Pakistan

Der indisch-pakistanische Dialog wird leider nicht in dem Umfang stattfinden wie ursprünglich geplant: Bisher erhielten nur um die 450 Pakistaner ein Visum zur Teilnahme am Sozialforum, viermal so viele hatten sich dafür interessiert.

Immerhin, meint Kamal Chenoy mit einem Augenzwinkern, seien es schon wesentlich mehr als kürzlich beim asiatischen Sozialforum in Hyderabad, als ganze zwanzig Teilnehmer aus dem Nachbarland dabei sein durften. "Die politische Führung tut das eine. Aber mit den Bürokraten auf den unteren Ebenen und den Geheimdiensten ist es etwas anderes - die brauchen Zeit, um sich zu ändern", so Chenoy.

Thomas Bärthlein

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