Ausländische Kulturinstitute öffnen nur langsam ihre Tore

Nach dem Sturz des Baath-Regimes kehrt das kulturelle Leben und damit auch die ausländischen Kulturinstitute nach Bagdad zurück. Welche Aktivitäten sind von dort in den vergangenen Monaten ausgegangen? Ein Bericht von Saad Hadi aus der irakischen Hauptstadt.

Stadtansicht von Bagdad, Foto: AP
Stadtansicht von Bagdad

​​In den Monaten vor der amerikanischen Invasion des Irak gab es in Bagdad mit dem französischen Kulturinstitut nur noch ein aktives ausländisches Kulturzentrum. Alle anderen, darunter das britische und das amerikanische, hatten ihre Pforten längst geschlossen. Grund dafür war der Golfkrieg 1991 und der Abbruch aller Beziehungen zu den Ländern, die am Krieg beteiligt waren, durch den Irak.

Das französische Kulturinstitut gleicht einer Festung

In das französische Kulturinstitut, das am Tigris in der Abu-Nuwas-Straße liegt, wurde im Zuge der amerikanischen Invasion ein Einbruch verübt, wobei das komplette Inventar entwendet wurde. Die unbekannten Diebe stahlen sogar interne Dokumente und Papiere des Zentrums, was darauf schließen lässt, dass die Aktion darauf abzielte, dem Zentrum konkret wegen der Haltung Frankreichs zum Krieg zu schaden. Zudem geschah der Einbruch am selben Tag, an dem auch die deutsche und die chinesische Botschaft überfallen wurden.

Die Verantwortlichen des Zentrums versuchten in den Monaten nach der Invasion, als die Sicherheitslage noch relativ stabil war, alles Entwendete zu ersetzen und ihre Aktivitäten wieder aufzunehmen. Dabei wurde auch versucht, Kontakte zur neuen politischen Macht im Irak, zu Parteien, Berufsinnungen und zu bestimmten Einzelpersonen herzustellen.

Durch die Zunahme der Gewaltakte und die wiederholt blutigen Übergriffe auf Ausländer, Botschaften und Büros internationaler Organisationen in Bagdad und in anderen irakischen Städten, wurde das französische Kulturinstitut jedoch an der Umsetzung dieser Pläne gehindert.

Das Institutsgebäude gleicht inzwischen einer Festung, das nur noch von wenigen Personen täglich frequentiert wird. Die Aktivitäten dieser Personen beschränken sich dabei auf das Entleihen von Büchern aus der Bibliothek, die langsam wieder aufgebaut wird, und das Surfen im Internet-Café, das inzwischen eröffnet wurde und sich kaum von anderen Internet-Cafés in Bagdad unterscheidet.

Die Verantwortlichen des Zentrums haben mehrmals erklärt, dass sie nur durch die Verschärfung der Sicherheitslage daran gehindert werden, ihre Arbeit fortzusetzen. Zu groß sei die Furcht, Zielscheibe von Terroristen und anderen Kriminellen zu werden.

Vorträge und Dichterlesungen

Im Gegensatz dazu bietet das Schweizerisch-Arabische Kulturzentrum seit etwa sechs Monaten wieder ein Programm an, das jedoch nicht über wöchentliche Vorträge zu verschiedenen geisteswissenschaftlichen und literarischen Themen hinausgeht. Das Publikum umfasst selten mehr als 50 Personen. Inzwischen wiederholen sich die Namen der teilnehmenden Schriftsteller und Literaten, und das Programm wird generell durch die aktuelle Situation bestimmt. Demnach ist die Themenauswahl entsprechend begrenzt.

Das Programm startete mit einer Dichterlesung, an der drei irakische Autoren (Abdelrahman Tahmazi, Malik al-Muttalibi, Khazal al-Majidi) beteiligt waren. Es folgte eine Lesung über Prosadichtung, das Verhältnis von Religion und Politik und die gegenwärtigen Bedingungen, die das irakische Kulturleben bestimmen.

Das Zentrum lud auch mehrere irakische Schriftsteller ein, um ihnen die Möglichkeit zu geben, über ihre kulturellen Erfahrungen und Visionen zu berichten. Dass das Programm über diesen Rahmen nicht hinausgeht, ist wohl darauf zurückzuführen, dass der Leiter des Zentrums in Bagdad, der Dichter Adel Abdullah*, in erster Linie an literarischen Themen interessiert ist.

Natürlich hat die Schweizer Botschaft in Bagdad eine feste Bindung zum Kulturzentrum, das sie finanziell unterstützt. Auch der Botschafter sorgt durch seine Anwesenheit bei diesen Veranstaltungen für eine gewisse Unterstützung.

Am 19. März fand die Eröffnung des Kulturzentrums „Diwan“ in Bagdad statt, das durch das Auswärtige Amt unterstützt wird und sich dem deutsch-arabischen Kulturaustausch widmen soll. Der deutsche Botschafter Bernd Erbel zeigte sich bei der feierlichen Eröffnung erfreut darüber, dass es nun wieder ein Haus der deutschen Kultur in Bagdad gibt, nachdem das Goethe-Institut Anfang der Siebzigerjahre geschlossen wurde und auch der Deutsche Akademische Austausch Dienst sowie andere Institutionen bis heute noch nicht wieder zurückgekehrt sind.

Diwan bietet in Zusammenarbeit mit der germanistischen Fakultät der Universität Bagdad Deutschkurse an. Außerdem ist ein vielfältiges Kulturprogramm geplant z.B. Vorträge über deutschsprachige Autoren wie Goethe, Kafka oder Thomas Mann, Woche des deutschen Films und eine Lesung mit Hans Magnus Enzensberger.

Cafés als Ort der Begegnung

Abschließend ist zu sagen, dass die irakischen Intellektuellen, Literaten und Künstler im Zuge der komplizierten und sich zunehmend verschärfenden Sicherheitslage eine einfache Lösung gefunden haben, um dennoch aktiv sein zu können.

Abseits der verstopften Straßen, elektrischen Zäune und Stacheldrähte, die inzwischen das Straßenbild in Bagdad prägen, treffen sie sich täglich in Cafés, um dort Vorträge, literarische und dichterische Zirkel, Kunst- und Skulpturausstellungen sowie Theateraufführungen zu veranstalten. Diese Cafés gehören zu den wenigen Orten der Zuflucht abseits aller Sorgen und Nöte.

Saad Hadi

© Qantara.de 2004

Übersetzung aus dem Arabischen von Helene Adjouri