Kindersachbuch über den Islam und Muslime

Das Sachbuch "Allah heißt Gott" des deutschen Islamwissenschaftlers Stefan Weidner möchte Heranwachsenden einen unvoreingenommenen Einblick in islamische Lebenswelten ermöglichen. Ariana Mirza hat es gelesen.

Muslimische Kinder in einer Grundschule; Foto: Ikhlas Abbis
Das Kindersachbuch "Allah heißt Gott" liefert deutschen Kindern und Jugendlichen neben historischen Grundlagen auch Tipps im Umgang mit muslimischen Altersgenossen

​​"Das Buch wäre ein gutes Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk", findet die 12-jährige Lotte. Diese Empfehlung wird den Autor Stefan Weidner freuen. Denn Schülerinnen wie Lotte sind die Zielgruppe seines Buches "Allah heißt Gott": deutsche Kinder und Jugendliche, denen der Islam – trotz medialer Diskussion und muslimischer Klassenkameraden – noch sehr fremd ist.

Um Jugendliche für sein Thema zu interessieren, wählt Stefan Weidner eine persönliche Ebene. Er erzählt von eigenen Erfahrungen und berichtet über muslimische Freunde aus Ägypten und dem Irak.

Seine "Reise durch den Islam", wie er das Buch im Untertitel nennt, führt durch verschiedene Länder, Epochen und Lebensbereiche. Weidner wagt den Versuch, ein komplexes Bild des Islam zu zeichnen, ohne die junge Leserschaft zu überfordern.

Der Autor ist kein Muslim, sondern Islamwissenschaftler. Seine Perspektive ist die eines säkularisierten Christen. Eine Haltung, die in vielen deutschen Familien zu finden ist. Häufig spricht Weidner seine Leser mit dem Hinweis auf diese eigene gesellschaftliche Prägung an. Dabei benennt er Unterschiede ebenso wie Gemeinsamkeiten. "Bei uns ist es so, bei Muslimen so", heißt es dann.

Alltagstipps und historische Grundlagen

Inhaltlich beschäftigt sich "Allah heißt Gott" mit den historischen und aktuellen Beziehungen zwischen Christentum und Islam ebenso wie mit Fragen zu Demokratie, Frauenrechten, Terrorismus und Gewaltbereitschaft.

​​Das Buch stellt verschiedene islamische Strömungen vor und regt dazu an, eine differenzierte Sichtweise einzunehmen. Zudem werden handfeste Tipps für den Alltag geliefert. So erfahren die Schüler beispielsweise, warum sie ihre Schuhe an der Wohnungstür ausziehen sollten, wenn sie muslimische Klassenkameraden besuchen.

Viel Raum widmet der Autor den grundlegenden Glaubensinhalten und der historischen Entwicklung. Er berichtet ausführlich über das Leben des Propheten Mohammed und die Frühzeit des Islam.

Die zentrale Bedeutung des Korans und der Suren wird anhand zahlreicher Beispiele unterstrichen. Darüber hinaus macht der Islamwissenschaftler auch mit weniger bekannten Bestandteilen muslimischen Lebens vertraut. Ob von der Sunna oder den Hadithen die Rede ist, Weidner vertraut auf die natürliche Wissbegier und Lernbereitschaft seiner jungen Leserschaft.

Kein trockener Stoff

Trotz aller Sachbuchqualitäten ist "Allah heißt Gott" kein trockener Stoff. Ansprechende Illustrationen, die persönliche Ansprache und kurze, mit zahlreichen Infokästchen und Zitaten aufgelockerte Kapitel erleichtern das Lesen und wecken Interesse für einzelne Themengebiete.

Kritisch ist anzumerken, dass die Anordnung der Kapitel zuweilen recht zufällig erscheint. So folgt einem Kapitel, das sich damit beschäftigt, "was im Zusammentreffen mit Muslimen zu beachten ist" ganz unvermittelt ein Abschnitt über Terrorismus und Osama bin Laden.

Doch Weidners Buch ist selbst in den Momenten wertvoll, in denen es eher Fragen aufwirft als beantwortet. So mancher aufmerksame Jugendliche wird beispielsweise über die Gestalt des Reittiers Buraq ins Grübeln kommen.

Während sich der Illustrator Marc-Alexander Schulze an der persisch-indischen Tradition orientiert und Buraq mit einem Frauenkopf darstellt, ist im Text lediglich von einem "weißen Reittier, halb Maultier, halb Esel" die Rede. Ganz unbeabsichtigt wird den jungen Lesern auch durch diese Irritation vor Augen geführt, wie vielfältig islamische Kultur stets war und heute noch ist.

Ariana Mirza

© Qantara.de 2006

"Allah heißt Gott" von Stefan Weidner mit Illustrationen von Marc-Alexander. Fischer Schatzinsel, 2006; 14,90 Euro, 240 Seiten

Qantara.de

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