Imame auf Siegeskurs

"Anstoß zum Dialog" lautete das Motto eines symbolischen Fußballspiels von Pfarrern und Imamen in Dortmund. Sie wollen zeigen, dass Christen und Muslime gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Petra Lambeck berichtet.

Die Mannschaftsführer vor Spielbeginn halten den Ball zwischen ihren Köpfen; Foto: DW/Petra Lambeck
Es ist nicht das erste Fußballspiel dieser Art in Deutschland. Im Mai traten in Berlin ebenfalls Pfarrer und Imame gegeneinander an. Damals gewannen die Pfarrer mit 12:1.

​​"Pass-Tor! Pass-Tor!" schallt es über den Rasenplatz im Dortmunder Stadion Rote Erde. Pfarrer und Imame sind bereit zum Anstoß. Doch bevor der jüdische Schiedsrichter Andre Gretshkanyk das Spiel anpfeifen kann, müssen noch Fotos gemacht werden. Arm in Arm stellen sich die Pfarrer und Imame auf und grinsen fröhlich in die vielen Fotoapparate und Fernsehkameras.

Sie werden abgelichtet wie die Profis - und sehen auch fast so aus: Die Imame in weißer Hose und grünem Trikot, die Pfarrer in blauer Hose und rotem Trikot. Bei allen prangt die Aufschrift "Anstoß zum Dialog" auf der Brust. Unterstützt wird der Trubel auf dem Spielfeld von ein paar Zuschauern mit Tröten, Jubeln und Klatschen. Es sind nur wenige da, aber die sind hoch motiviert, ihre Geistlichen anzufeuern.

Verständigung und Dialog

Die Idee für diese Veranstaltung ist bei einer gemeinsamen Studienfahrt von Christen und Muslimen in Istanbul entstanden, erzählt Pfarrer Friedrich Stiller. Er ist Islambeauftragter der Evangelischen Kirche und einer der drei Organisatoren des Spiels.

In Dortmund gibt es schon seit zwei Jahren regelmäßige Treffen zwischen Pfarrern und Imamen, bei denen gemeinsame Themen besprochen werden und die Geistlichen sich zudem darüber austauschen, was in ihren Gemeinden so los ist.

Diese Dialogbemühungen wollten sie ausdehnen in Richtung Spaß und Sport, und so ist im Schatten der Fußballweltmeisterschaft die Idee entstanden, ein Fußballspiel zu organisieren. Dabei gehe es natürlich vor allem um Dialog und Verständigung, sagt der muslimische Organisator und Vertreter der Moscheegemeinden des türkischen Ditib-Verbandes, Ogün Arpaci.

Gewinnen will man aber trotzdem. Und so lautet sein Tipp für das Spiel: 8:6 für die Imame. Sein Landsmann Ali Kücük ist da vorsichtiger. Die Pfarrer seien ein wenig jünger, er tippe daher auf unentschieden.

Und damit liegt er gar nicht so falsch. Nach ein paar Minuten steht es zwar schon 1:0 für die Imame, doch die Pfarrer lassen das nicht lange auf sich sitzen und schießen nur ein paar Minuten später das Gegentor. Während die Geistlichen über das Feld flitzen, bricht die Dämmerung über Dortmund herein.

Pfarrer Stiller kann aufgrund einer Verletzung nicht mitspielen und hat es sich oben in der Kommentatorkabine bequem gemacht, zusammen mit seinem muslimischen Co-Kommentator Kadir Bülbül. Vergnügt schwatzen sie ins Mikrophon, während unten auf dem Platz ein Tor nach dem anderen fällt.

"Ich glaube nicht, dass wir uns sehr gut kennen"

Es ist nicht das erste Fußballspiel dieser Art in Deutschland. Im Mai traten in Berlin ebenfalls Pfarrer und Imame gegeneinander an. Damals gewannen die Pfarrer mit 12:1. Und ähnlich wie in Berlin, soll es auch hier nicht die letzte Veranstaltung sein.

"Ich glaube nicht, dass wir uns sehr gut kennen", sagt Kadir Bülbül. "Wir müssen lernen, miteinander gut umzugehen. Und dafür müssen wir uns besser kennen lernen." Er ist im Vorstand einer Moschee in Dortmund und plant in Gedanken schon ein gemeinsames Sommerfest.

Vorher aber muss noch diese Partie geschlagen werden. Die Imame liegen vorn. Der genaue Spielstand ist den Zuschauern am Spielfeldrand im Moment allerdings unklar. Aber das macht nichts. Der Allmächtige wird schon mitgezählt haben und der jüdische Schiedsrichter hoffentlich auch. In der zweiten Halbzeit wird das Spiel langsamer.

Müdigkeit scheint sich breit zu machen, vor allem unter den Pfarrern. Doch da gibt Pfarrer Ralf Greth noch mal richtig Gas. Er erwischt den Ball und prallt in der nächsten Sekunde mit seinem Gegenspieler zusammen. Der Imam geht zu Boden. "Der Ralf Greth kennt ja nix", kommt eine Stimme vom Seitenrand. Doch das Ganze ist schnell wieder bereinigt: ein Händeschütteln und Schulterklopfen und weiter geht's.

Ein langer Weg

Eigentlich hätten sie so etwas schon viel früher machen müssen, sagt Pfarrer Greth nach dem Spiel. Der Meinung ist auch Ogün Arpaci: "Der Weg ist lang, die Schritte sind sehr klein, aber wir gehen in die richtige Richtung."

Über den Medienrummel freuen sich die Organisatoren an diesem Freitag (27.10) sehr. Gerade in einer Zeit, in der sich die Diskussion um den Islam so zugespitzt hat, sei es wichtig, dass die Leute sehen, dass es auch etwas anderes gebe, dass man gemeinsam entspannt und fröhlich sein könne. Das Fußballspiel soll da nur der Anfang sein.

Das Ergebnis ist dann tatsächlich zweitrangig. Die Muslime gewinnen zwar mit 7:4, doch das hält die Pfarrer nicht davon ab, mindestens ebenso stolz mit ihrem Pokal für den zweiten Platz einmal um den Rasen zu laufen - so wie die Profis, dicht gefolgt von Kameraleuten und Fotografen.

Petra Lambeck

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