Balanceakt zwischen Forschung und Diplomatie

Vor 175 Jahren wurde das Deutsche Archäologische Institut gegründet. Gerade in Zeiten, in denen der Dialog der Kulturen gefordert und gefördert wird, ist die Arbeit der Archäologen besonders wichtig. Sonja Phalnikar stellt das Institut vor.

Vor 175 Jahren wurde das Deutsche Archäologische Institut gegründet. Gerade in Zeiten, in denen der Dialog der Kulturen gesucht wird, ist die Arbeit der Archäologen besonders wichtig. Sonja Phalnikar stellt das Institut vor.

Ausgrabung bei Tall Hujayrat al-Ghuzlan in Jordanien
Ausgrabung bei Tall Hujayrat al-Ghuzlan in Jordanien

​​Wenn das Deutsche Archäologische Institut (DAI) in diesem Jahr sein 175-jähriges Jubiläum feiert, wird man dabei sicher nicht nur seiner langen Tradition als renommierter Forschungseinrichtung Tribut zollen. Immer mehr gewann es in den letzten Jahren eine neue Bedeutung durch seine archäologischen Arbeiten, aber auch durch seinen diplomatischen Einfluss innerhalb der arabischen Welt und des Nahen Ostens.

Von seinen Anfängen zu Zeiten der preußischen Könige bis ins heutige, demokratische Deutschland musste das Institut eine ganze Reihe von politischen und ideologischen Systemen überstehen, um seinen wissenschaftlichen Auftrag erfüllen zu können.

Gegründet am 21. April 1829 in Rom mit dem Ziel, die archäologischen Entdeckungen der griechischen und römischen Antike zu erforschen und einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, weiteten sich die Aufgaben wie die Zielrichtungen des Instituts über die Jahre immer mehr aus.

Heute bildet die Einrichtung ein gigantisches archäologisches Netzwerk mit acht Abteilungen, drei Kommissionen, um die 100 Wissenschaftler und 250 Angestellten. Archäologen werden in viele Teile der Welt geschickt, um an den weit verstreuten Ausgrabungsstätten zu arbeiten.

Das DAI, dessen Hauptsitz 1833 nach Berlin übersiedelte, residiert im schicken, großbürgerlichen Stadtteil Dahlem, inmitten einer Handvoll neoklassischer Villen.

Astrid Dostert, klassische Archäologin am DAI, betont bei einem Rundgang durch die Holz getäfelten Räume des Instituts die wachsende Bedeutung der Einrichtung für die Entwicklung der arabischen Welt und des Nahen Ostens.

"Obwohl wir schon recht lange mit diesen Regionen zu tun haben, hat der politische und kulturelle Aspekt unserer Arbeit in den letzten Jahren erheblich an Gewicht gewonnen", erzählt sie.

Verstärkter Dialog mit der islamischen Welt

Dies ist zum Teil auf die Tatsache zurückzuführen, dass das DAI vom deutschen Außenministerium finanziert wird, das in den letzten Jahren, und insbesondere nach den Terrorattacken vom 11. September 2001, sein Netzwerk ausländischer Kultureinrichtungen nutzte, um den Dialog mit der islamischen Welt zu intensivieren.

Die Ausgrabungen des DAI in den arabischen Ländern und im Nahen Osten, die der Bewahrung des kulturellen Erbes wie der Erhaltung ihrer Identität verpflichtet sind, eigneten sich in besonderer Weise dazu, einen solchen Dialog zu führen und kulturellen Austausch zu pflegen, sagt Margarete van Ess, wissenschaftliche Leiterin der Nahost-Abteilung des DAI.

"Die Archäologie trägt enorm zum Verständnis zwischen unterschiedlichen Kulturen bei, und dies in besonderem Maße in den arabischen Ländern, die so reich an archäologischen und historischen Schätzen sind", so van Ess.

Archäologie wirkungsvoller als Diplomatie?

Van Ess weist darauf hin, dass die Archäologie häufig die Grenzen zur Diplomatie weit überschreitet, wenn es darum geht, die Herzen und den Geist anderer Völker zu erobern. "Archäologen verfolgen oft langfristige Projekte, die sie regelmäßig und lange in die Regionen führen, so dass sie sie auch gut kennen", fügt sie hinzu.

"Das erleichtert es ihnen, das Vertrauen der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, genauso wie das der Verwaltungsbeamten und Politiker, mit denen sie an den Ausgrabungsstätten in Kontakt kommen. Zuweilen können sie sogar als Ansprechpartner verschiedener sozialer Klassen im Land fungieren."

Ausgrabungen in der islamischen Welt

In den letzten Jahren führte das DAI in vielen Teilen der islamischen Welt Ausgrabungen in Zusammenarbeit mit einheimischen Archäologen und Wissenschaftlern durch.

Hierzu gehören etwa die Wiederherstellung des Mogulgartens Bagh-e-Babur in Kabul, archäologische Untersuchungen im antiken Marib im Nordosten des Jemen und Ausgrabungen in Tayma, Saudi-Arabien, um nur einige zu nennen.

Die UNESCO, kultureller Arm der UN-Organisation, vertraute auf das Expertenwissen des DAI, als es darum ging, den archäologischen Schaden zu bemessen, der in Folge des letzten Irakkriegs entstanden ist.

Außerdem schloss das DAI im vergangenen Jahr einen Vertrag mit der Antiken-Abteilung des iranischen Kulturministeriums ab über ein auf zehn Jahre angelegtes Projekt ab, mit dem es zur weltweit ersten Institution wurde, der man seit der Revolution archäologische Forschungen gestattet.

Schwindende Geldmittel erschweren die Arbeit

Doch trotz all seiner Erfolge wird der 175. Geburtstag für das DAI nicht nur ein Grund zum Feiern sein. Vor allem sind es finanzielle Einschnitte, die einen Schatten auf das Jubiläum werfen.

"Wir haben eben mit den Beschränkungen umzugehen, von denen auch das Außenministerium betroffen ist", sagt Dostert. "Stellen werden gestrichen, und wir müssen uns überlegen, welche Projekte langfristig aufrechtzuerhalten sind. Für die meisten Ausgrabungen wurden die Zuschüsse bereits gekürzt".

Das Budget für das laufende Jahr liegt bei 21,3 Millionen Euro, also bei fast der gleichen Summe wie im letzten Jahr, doch damit gleichzeitig um fast fünfzehn Prozent unter dem vergangener Jahre.

Irak bereitet den Archäologen Sorgen

Die politische Entwicklung, die sich im Irak abzeichnet, bereitet auch den Archäologen zunehmend Sorgen. Angesichts zunehmender Gewalt musste auch das DAI seine Zweigstelle in Bagdad schließen.

Van Ess berichtet, dass Dutzende großer, historisch bedeutsamer Städte auf der Suche nach wertvollen Artefakten, die illegal verkauft werden sollen, systematisch zerstört wurden.

"Wenn nicht umgehend Maßnahmen getroffen werden, um diesem Handel Einhalt zu gebieten, wird das 'Alte Mesopotamien' schon in wenigen Monaten komplett zerstört sein", warnt Margarete van Ess.

Sonia Phalnikar

Aus dem Englischen von Daniel Kiecol

Deutsches Archäologisches Institut