Die Flut erreichte auch Somalia

Am Horn von Afrika, etwa 4.500 km vom Epizentrum im Indischen Ozean entfernt, verwüstete der Tsunami vor einem Jahr weite Küsten-Streifen Somalias. Internationale Organisationen brachten jedoch rasche Hilfe. Andrea Schmidt mit Einzelheiten

Am Horn von Afrika, etwa 4.500 km vom Epizentrum im Indischen Ozean entfernt, verwüstete der Tsunami vor einem Jahr weite Küsten-Streifen Somalias. Die genaue Todeszahl wird sich wohl nie klären lassen in dem von Bürgerkrieg und Anarchie gebeutelten Land. Die Fluten überschwemmten ganze Ortschaften, rissen Boote und Häuser mit. Doch internationale Organisationen brachten rasche Hilfe. Andrea Schmidt mit Einzelheiten

Frau in Somalia; Foto: AP
Viele Menschen in Somalia verloren ihre gesamten Habseligkeiten und damit ihre Lebensgrundlage

​​Somalia und der Tsunami werden wohl eher als "Fußnote" in die Geschichte eingehen. Im Verhältnis zu den vielen Toten und schweren Verwüstungen in Asien scheint die Anzahl der Toten und das Ausmaß der Zerstörung am Horn von Afrika verhältnismäßig gering.

Hilfsorganisationen schätzen bis zu 300 Tote entlang der 650 Kilometer langen Küste und etwa 33.000 Menschen, die direkt von der Katastrophe betroffen waren. Doch für Somalia, das sich bereits in einer Notlage befand, waren die Auswirkungen des Tsunami verheerend.

Nach einer langen Dürre-Periode hatte es wegen starker Regenfälle Überschwemmungen gegeben, von denen sich die Menschen noch nicht erholt hatten; dann kam am 26. Dezember die Flut-Katastrophe.

Das UN-Welternährungs-Programm (World Food Programme, WFP) war von Nairobi aus als erste Hilfsorganisation zur Stelle:

"Am stärksten betroffen war die Halbinsel Harfun, die beinahe völlig überschwemmt wurde", beschreibt Leo van der Velden, Stellvertretender Landesdirektor des WFP, die Lage in Puntland, einer autonomen Region im Nordosten Somalias, vor einem Jahr.

"Häuser wurden zerstört und die Lebensgrundlage der Menschen, die Boote und Fischerei-Ausrüstung weggeschwemmt. Ihre Existenz war bedroht, weil mit dem Tsunami die Fisch-Saison zu früh endete, die normalerweise von November bis Mai dauert."

Das Meer ist die Lebensgrundlage

Viele Fischer, die mit ihren Booten damals unterwegs waren, sind nicht wieder zurückgekehrt. Die Flutwelle hatte nicht nur ganze Ortschaften zerstört, sondern auch die ohnehin schlechte Infrastruktur.

Hilfsorganisationen versuchten per Schiff und dann über weggespülte Straßen hinweg mit vierradangetriebenen Lastwagen Nahrungsmittel, Medikamente und Decken in die entlegenen Gebiete zu transportieren. Trotz dieser widrigen Umstände kamen die ersten Hilfslieferungen bereits nach zehn Stunden an.

Neben dem WFP und UNICEF arbeiten bis heute UN-Habitat und lokale Nichtregierungsorganisationen wie Muslim Aid zusammen, um Häuser aufzubauen, Schulen zu errichten und die Infrastruktur wiederherzustellen. Sie haben Boote gebaut und neue Fischerei-Ausrüstungen beschafft.

Die somalischen Fischer mussten versuchen, die durch den Tsunami ausgelöste Angst vor dem Wasser zu überwinden. Denn ihre Lebensgrundlage besteht aus der Jagd nach Hammerhaien und Lobstern für den Export nach Dubai.

"Zurzeit hat gerade die Fischerei-Saison wieder angefangen. Es gibt Berichte, dass es seit dem Tsunami einen starken Rückgang von Fisch- und Lobsterbeständen gegeben hat, und dass es kleinere Lobster als vorher gibt. Aber wir hoffen, dass sich die Situation wieder bessert", beschreibt Leo van der Velden die momentane Lage.

Auf Hilfe der Zentralregierung Somalias brauchen die Menschen in den betroffenen Gebieten bis heute nicht hoffen. Immer noch haben mächtige Warlords das Sagen, und die versuchen ihre eigene Pfründe zu sichern.

Andrea Schmidt

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005

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