Völlig neu im Nahen Osten

Über hundert Studierende haben sich im ersten Semester an der ersten Deutsch-Jordanischen Fachhochschule in Amman eingeschrieben. Professor Labib Khadra, Präsident der Hochschule, über die Schwierigkeit, von dem praxisorientierten Konzept zu überzeugen.

Über hundert Studierende haben sich im ersten Semester an der ersten Deutsch-Jordanischen Fachhochschule in Amman eingeschrieben. Professor Labib Khadra, Präsident der Hochschule, über die Schwierigkeit, von dem praxisorienten Konzept zu überzeugen.

Labib Khadra; Foto: privat
Professor Labib Khadra: "Ich bin froh, dass uns so viele deutsche Fachhochschulen zur Seite stehen."

​​Professor Labib Khadra studierte 1976 als DAAD-Stipendiat an der RWTH-Aachen und lehrte 1991 als Gastprofessor an der Fachhochschule Heilbronn. Jetzt kann der Jordanier auf seine Hochschulerfahrung in Deutschland zurückgreifen: Seit drei Monaten ist er Präsident der German Jordanian University (GJU). Dort startete Mitte Oktober das erste Semester. Die stark praxisorientierte staatliche GJU wird im DAAD-Programm "Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland" gefördert.

Müssen Sie Überzeugungsarbeit für das Konzept "Fachhochschule" leisten?

Labib Khadra: Es haben wir bereits getan und sind auf großes Interesse gestoßen. Wir werden weiterhin Vorträge an Schulen halten und erklären, was eine deutsche Fachhochschule ist, was es bedeutet, an einer solchen Einrichtung zu studieren und warum wir sie in Jordanien brauchen.

Zunächst waren die Bewerber skeptisch. Die meisten Universitäten im Nahen Osten funktionieren eher wie Schulen. Wir holen aber die Industrie mit ins Boot und wollen gemeinsam forschen. Das ist ebenso neu für Studierende, wie Praktika in Unternehmen.

Aber die Resonanz ist gut. Wir beginnen mit über 100 Studienanfängern, übrigens mit mehr jungen Frauen als Männern. Künftig wollen wir auch Studierende aus den Nachbarstaaten gewinnen – dort müssen wir uns erst noch bekannter machen.

Wie finden Sie Professoren, die Einblick in den Industriealltag haben und praxisnah lehren können?

Khadra: Sie sprechen eine große Schwierigkeit an. Wir brauchen Professoren mit Industrieerfahrung, denn unsere Forschungslabore sind anwendungsorientiert. Damit das Konzept aufgeht, müssen wir auch mit lokalen Unternehmen zusammenarbeiten. Deshalb ist es nicht so wichtig, wo die Dozentinnen oder Dozenten studiert haben oder aus welchem Land sie kommen, erste Priorität ist Industrieerfahrung.

Zurzeit diskutieren wir die Möglichkeit eines Teilzeitprofessors. Darunter verstehe ich einen Hochschulabsolventen, der viele Jahre Berufserfahrung in der Industrie nachweisen kann und nun neben seiner Tätigkeit in einem Unternehmen einige Module an der FH unterrichtet.

Eine solche Person muss nicht unbedingt promoviert sein. Das aber schreibt das Gesetz vor. Ich setze mich sehr für eine entsprechende Gesetzesänderung ein, denn auf Leute mit Praxiserfahrung können wir nicht verzichten.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Deutschland aus?

Khadra: Unsere Partnerin ist die Hochschule Magdeburg-Stendal. Sie koordiniert das Konsortium, zu dem rund 70 Fachhochschulen gehören. Diese haben sich an der Entwicklung der Curricula beteiligt und werden unsere Studierenden im vierten Studienjahr aufnehmen.

Dann steht der Deutschlandaufenthalt mit Studium und Praktikum an. Ich bin froh, dass uns so viele deutsche Fachhochschulen zur Seite stehen. Für sie geht die Rechnung auch auf, denn sie gewinnen Studierende für ihre Masterprogramme, internationale Kontakte und eine Brücke in ein arabisches Land.

Das Interview führte Katja Spross

© DAAD-Magazin 2005

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