Migrationsabkommen: Tunesiens Präsident lehnt "Almosen" der EU ab

Tunis. Kritik des tunesischen Präsidenten Kais Saied an den Bedingungen des Migrationsabkommens mit der EU hat Unruhe in Europa hervorgerufen. Eine EU-Kommissionssprecherin sagte am Dienstag, die Brüsseler Behörde stehe in Kontakt mit den tunesischen Behörden. Saied hatte EU-Zahlungen als "Almosen" zurückgewiesen, nachdem die EU eine Auszahlung von 127 Millionen Euro angekündigt hatte, darunter 42 Millionen Euro aus dem Migrationspakt.



Tunesien sei zur Zusammenarbeit bereit, nehme aber keine "Gefälligkeit" an, "wenn sie respektlos ist", hatte Said am Montagabend erklärt. Der im Juli vereinbarte Migrationspakt soll die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge verringern. Tunesien ist zusammen mit Libyen Haupttransitland für Flüchtlinge, die über das Mittelmeer in die EU kommen wollen.

Saied erklärte, die Ablehnung des Geldes geschehe "nicht wegen des lächerlichen Betrags", sondern weil die Haltung der EU-Kommission nicht dem in Tunis unterzeichneten Abkommen und "dem Geist" des Migrationsgipfels in Rom entspreche.

Die EU-Kommission und Tunesien hatten die Absichtserklärung für eine engere Partnerschaft am 16. Juli unterzeichnet. Die EU hat Tunesien darunter insgesamt 105 Millionen Euro zum Grenzschutz zugesagt und Haushaltshilfen in Höhe von 150 Millionen Euro. Weitere 900 Millionen Euro sind an ein Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) geknüpft, das Reformen vorsieht.

Nach Angaben der EU-Kommission soll Tunesien die Gelder für die Instandsetzung von Booten der Küstenwache verwenden. Zudem sind die Mittel zur Rückführung von Migranten in ihre Heimatländer vorgesehen. Dabei soll Tunis zum "Schutz der Migranten" mit internationalen Organisationen zusammenarbeiten.



Vergangene Woche hatte Präsident Said bereits den geplanten Besuch einer EU-Delegation zur Konkretisierung des Migrationsabkommens verschoben. Innenminister Kamel Feki hatte in diesem Zusammenhang allerdings eine "Uneinigkeit" mit der EU bestritten.

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), nannte das Abkommen mit Tunesien alternativlos. Er rief erneut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, nach Tunesien zu reisen. "Die tunesischen Partner hoffen auf Investitionen und auf Arbeitsplätze", sagte Weber bei einer Debatte im Europaparlament in Straßburg. Dabei müsse Deutschland eine zentrale Rolle spielen. (AFP)