Buchmesse verschiebt Preisverleihung an palästinensische Autorin

Schon vor Beginn hat die Frankfurter Buchmesse ihre erste Debatte. Es geht um den Roman einer Palästinenserin, der durch die Ereignisse in Israel brisante Aktualität gewonnen hat.



Frankfurt/Main. Die palästinensische Autorin Adania Shibli wird nach dpa-Informationen nicht wie vorgesehen auf der Frankfurter Buchmesse geehrt. Sie sollte am 20. Oktober mit dem «Liberaturpreis» des Vereins Litprom ausgezeichnet werden, einer Auszeichnung für

Autorinnen aus dem Globalen Süden. Ihr Roman «Eine Nebensache» war von der Kritik hoch gelobt, aber auch wegen angeblich antisemitischer Klischees kritisiert worden.



«Angesichts des Terrors gegen Israel sucht Litprom nach einem geeigneten Rahmen der Veranstaltung zu einem Zeitpunkt nach der Buchmesse» sagte Buchmessen-Direktor Juergen Boos am Freitag der dpa, und betonte: Die Preisträgerin sei von einer unabhängigen Jury ausgewählt worden, Litprom sei der Veranstalter «und vollständig für die inhaltliche Ausrichtung der Preisvergabe verantwortlich».



Shiblis Roman behandelt eine Massenvergewaltigung und die Tötung einer jungen Beduinin durch israelische Soldaten im Jahr 1949. Das Buch war bereits für den amerikanischen National Book Award sowie für den International Booker-Prize nominiert. Der Roman ist laut seinem Verlag «eine eindringliche Meditation über Krieg, Gewalt und die Frage nach Gerechtigkeit im Erzählen».



Die Schriftstellervereinigung PEN-Berlin nahm Shiblis Roman in Schutz. «Kein Buch wird anders, besser, schlechter oder gefährlicher, weil sich die Nachrichtenlage ändert», teilte die österreichische Schriftstellerin und PEN-Berlin-Sprecherin Eva Menasse am Freitag mit. «Entweder ist ein Buch preiswürdig oder nicht. Die schon vor Wochen getroffene Entscheidung der Jury für Shibli war nach meinem Dafürhalten eine sehr gute. Ihr den Preis zu entziehen, wäre politisch wie literarisch grundfalsch.»



«Man kann die Darstellungen des Romans für treffend oder zu einseitig halten», ergänzte PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel. «Eine Nebensache» sei jedoch «weit von den eindeutig antisemitischen Zeichnungen entfernt, die auf der Documenta zurecht für Kritik sorgten».

Der Terrorangriff der Hamas gegen Israel hat auch Einfluss auf die am Mittwoch beginnende Frankfurter Buchmesse. «Wir verurteilen den barbarischen Terror der Hamas gegen Israel aufs Schärfste», kommentierte Buchmessen-Direktor Boos die aktuellen Ereignisse. «Der Terror gegen Israel widerspricht allen Werten der Frankfurter Buchmesse.» Die Messe stehe «mit voller Solidarität an der Seite Israels».

Die Buchmesse wolle daher «jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen». Zum Beispiel werde die in Tel Aviv und Berlin lebende Autorin und Friedensaktivistin Lizzie Doron bei der Literaturgala am Samstag auf das aktuelle Geschehen in Israel Bezug nehmen. «Wir haben uns zudem spontan entschlossen, zusätzliche Bühnenmomente für israelische Stimmen zu schaffen», kündigte Boos an, etwa die Veranstaltung «Aus Sorge um Israel» im Frankfurt Pavilion. Aufgrund der Reisebeschränkungen mussten allerdings auch Veranstaltungen abgesagt werden, etwa zwei Konzerte mit israelischen Sängerinnen. (dpa)