Expertin: «Remigration» ist Kampfbegriff der Neuen Rechten

Kanzler Olaf Scholz (Mitte) und Außenministerin Annalena Baerbock (rechts daneben) auf dem Alten Markt in Potsdam.
Protest gegen Rechts: Kanzler Olaf Scholz (Mitte) und Außenministerin Annalena Baerbock (rechts daneben) auf dem Alten Markt in Potsdam (Foto: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance)

Frankfurt a.M.. Der Begriff «Remigration» ist nach Ansicht der Frankfurter Extremismusforscherin Alice Blum ein Kampfbegriff der Neuen Rechten. «Wenn Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten den Begriff benutzen, ist das Strategie», sagte Blum dem Evangelischen Pressedienst. epd-Gespräch: Franziska Hein

«Der Begriff, der zunächst unaufgeregt klingt, wird benutzt, um eine Politik zu machen, die alles andere als ungefährlich ist.» Wer den scheinbar harmlosen Begriff nutze oder in der Berichterstattung unkritisch weiterverbreite, verschleiere die gewaltvolle und sehr bedrohliche Forderung der Neuen Rechten, die damit verbunden sei. Blum ist Professorin für Soziale Arbeit an der Internationalen Hochschule am Standort Frankfurt am Main.

Der sozialwissenschaftliche Begriff bezeichne die Rückwanderung von Menschen in ihr Heimatland, aus dem sie ursprünglich migriert seien. Die Neue Rechte habe «Remigration» in den vergangenen Jahren für sich besetzt und für ihre Propaganda-Zwecke genutzt. Sie versuche nicht in «den alten gewaltvollen Neonazi-Sprech» zu verfallen, sondern sich intellektueller auszudrücken, sagte Blum. Sprache schaffe Bilder. «Viele Menschen verbinden mit dem Wort Abschiebung viel gewaltvollere Bilder als mit 'Remigration'», sagte sie.

Die Identitäre Bewegung Deutschland definiere «Remigration» als «konsequenten Vollzug von Abschiebungen», die mit Hilfen und Anreizen in den Herkunftsländern einhergehen. Das klinge erst einmal harmlos. Doch damit seien eben nicht nur Abschiebungen gemeint, die nach dem deutschen Recht zum Vollzug ausgesetzt seien.

Unabhängig von der Rechtsgrundlage sollten auch Migranten, Geflüchtete, Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft und Migrationsgeschichte sowie Menschen, die sich etwa mit Geflüchteten solidarisierten, abgeschoben werden. «Das entbehrt jeder rechtlichen Grundlage», sagte Blum. Dies könnte letztlich nur mit Gewalt erreicht werden. Das erklärte Ziel sei, durch das Grundgesetz garantierte Normen und Werte abzuschaffen. «Es muss verwundern, dass die AfD überhaupt noch öffentlich so agieren kann, weil ganz klar ist, dass sie nicht mehr auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht.»

Das Recherche-Netzwerk «Correctiv» hatte am Mittwoch Ergebnisse einer Recherche über ein Treffen von hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und spendenwilligen Unternehmern Ende November veröffentlicht. Dem Bericht zufolge wurde dort ein Plan zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland vorgestellt und von den Teilnehmern unterstützt. Danach sollen nach dem Willen der Rechtsradikalen nicht nur Menschen ohne deutschen Pass das Land verlassen müssen, sondern auch deutsche Staatsbürger mit internationalen Wurzeln, die ihnen nicht passen. (epd)