Neuer Vorstoß zur Geisel-Freilassung in Gaza - Die Ereignisse im Überblick

In Tel Aviv fordern erneut zahlreiche Israelis die Freilassung der Geiseln.
In Tel Aviv fordern erneut zahlreiche Israelis die Freilassung der Geiseln. (Foto: Leo Correa/AP/picture alliance)

Noch immer sind mehr als 130 Geiseln im Gazastreifen in der Gewalt der Hamas. Die fordert einen Abzug von Israels Armee. Das lehnt Israel ab. Doch nun könnte Bewegung in die Sache kommen. Ein Überblick über die Ereignisse der Nacht und ein Ausblick auf den Tag. 

Tel Aviv/Gaza. Während im Gazastreifen weiter Krieg herrscht, laufen im Hintergrund neue Bemühungen um die Freilassung der Geiseln und ein Ende der Kämpfe. Der Nahost-Koordinator von US-Präsident Joe Biden, Brett McGurk, wird nach Informationen von US-Medien in dieser Woche zu Gesprächen in Ägypten und Katar erwartet.

Die USA und ihre arabischen Partner drängten Israel und die islamistische Hamas zu einem stufenweisen Prozess, der zu Beginn die Freilassung von Geiseln und schließlich den Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen mit dem Ziel eines Kriegsendes vorsehe, berichtete das «Wall Street Journal». Die Gespräche seien noch in einer frühen Phase und sollten in den kommenden Tagen in Kairo fortgesetzt werden. 
 
Angehörige drängen Israels Regierungschef zu Geisel-Abkommen  
 
Unterdessen wollen auch Angehörige der mehr als 130 noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zu einem Abkommen mit der Hamas bewegen. Wie die Zeitung «The Times of Israel» in der Nacht zum Montag berichtete, schlugen Angehörige auf einem Bürgersteig vor Netanjahus Haus in Jerusalem Zelte auf. Man werde so lange bleiben, bis Netanjahu «einem Abkommen zur Rückgabe der Geiseln zustimmt», wurde ein Sprecher zitiert. «Wir lieben unsere Kinder mehr als wir die Hamas hassen», stand auf einem an den Zelten angebrachten Plakat, wie die Zeitung berichtete. Die israelische Regierung geht davon aus, dass einige der Geiseln bereits nicht mehr am Leben sind.  

Netanjahu lehnt Bedingungen der Hamas strikt ab 
 
Netanjahu hatte die Bedingungen der Hamas am Sonntag kategorisch abgelehnt. Die Islamisten verlangten für die Freilassung der Geiseln ein Ende des Krieges, den Rückzug der israelischen Streitkräfte und den Fortbestand der Regierungsmacht der Hamas im Gazastreifen, sagte Netanjahu. Zudem forderten sie die Freilassung jener «Mörder und Vergewaltiger», die Israel nach dem brutalen Überfall der Hamas und 
anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober festgenommen hatte. 
 
«Würden wir dem zustimmen, dann wären unsere Soldaten umsonst gefallen», sagte Netanjahu und fügte hinzu, dass man dann nicht in der Lage wäre, «die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten». 
 
Bericht: Israel und Hamas zu Gesprächen bereit 

Israel und die Hamas seien aber zumindest wieder zu Gesprächen bereit, nachdem die Unterredungen nach dem Ende einer einwöchigen Waffenruhe im November wochenlang stockten, berichtete das «Wall Street Journal» unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Kreise. Während der Waffenruhe waren Ende November 105 Geiseln im Austausch gegen 240 palästinensische Häftlinge freigekommen. 

Die Bereitschaft beider Seiten, über die Rahmenbedingungen zu sprechen, sei ein positiver Schritt, zitierte die US-Zeitung eine Quelle. Die Vermittler arbeiteten nun daran, die Kluft zu überbrücken, hieß es. 
 
US-Koordinator reist zu Verhandlungen nach Nahost 
 
Bidens Nahost-Koordinator McGurk werde in dieser Woche den Chef des ägyptischen Geheimdienstes in der Hauptstadt Kairo treffen, berichtete die «New York Times» in der Nacht zum Montag unter Berufung auf US-Beamte. McGurk, der am Sonntag aufbrechen wollte, werde später nach Doha weiterreisen, um dort Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani zu treffen. Die Reise sei Teil eines erneuten Vorstoßes der US-Regierung, ein Geiselabkommen zu erreichen, schrieb das Nachrichtenportal «Axios». 
 
US-Beamte hätten eingeräumt, dass eine solche Vereinbarung der einzige Weg sein könnte, der zu einem Waffenstillstand führen könnte. Bislang zeigt sich Netanjahu jedoch unnachgiebig. Er arbeite «rund um die Uhr» an der Befreiung der Geiseln, sagte er am Sonntag. «Aber damit es klar ist: Ich weise die Kapitulationsbedingungen der Hamas-Monster aufs Entschiedenste zurück.» Wiederholt hatte der Rechtspolitiker zuvor betont, man werde den Krieg in Gaza weiter fortsetzen, «bis zum vollständigen Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben». 
 
Proteste gegen Netanjahu 
 
Dazu zählt Netanjahu die Zerschlagung der Hamas, die Rückgabe aller verbliebenen Geiseln und die Gewährleistung, dass vom Gazastreifen nie wieder eine Bedrohung für Israel ausgeht. Netanjahu steht jedoch innenpolitisch unter großem Druck. Tausende hatten am Wochenende in Israel ein Ende der Kämpfe gefordert, um die Geiseln freizubekommen. Der israelische Sender i24news zitierte in der Nacht zum Montag den Bruder einer noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geisel mit den Worten: «Ich möchte glauben, dass die Regierung weiß, dass alles, was sie erreicht, nichts wert ist, wenn sie die Geiseln nicht freilassen und sie nicht lebend zurückkommen.» 
 
Bericht: Hamas noch lange nicht geschlagen 
 
Derweil setzen die israelischen Streitkräfte die Kämpfe gegen die Hamas im Gazastreifen weiter fort. Der britische Sender BBC berichtete in der Nacht zum Montag unter Berufung auf US-Geheimdienste, das israelische Militär dürfte bislang 20 bis 30 Prozent der Hamas-Kämpfer in Gaza getötet haben. Damit sei die Armee weit von Netanjahus erklärtem Ziel entfernt, die Hamas «vollständig zu vernichten». 
 
Mehr als drei Monate nach Ausbruch des Krieges sehe sich Israels Armee trotz weit überlegener Feuerkraft im gesamten Gazastreifen immer noch erheblichem Widerstand ausgesetzt, berichtete der Sender unter Berufung auf einen US-Geheimdienstbericht weiter. Demnach verfüge die Hamas immer noch über genügend Munition, um Israel und seine Streitkräfte monatelang anzugreifen. Hinzu kommt, dass bislang noch kein einziger ranghoher Hamas-Befehlshaber in Gaza gefangen genommen oder getötet wurde. 
 
Was am Montag wichtig wird 
 
Die Außenminister der EU-Staaten wollen mit Kollegen aus dem Nahen Osten über mögliche Initiativen für eine dauerhafte Beilegung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern beraten. Zu den Gesprächen in Brüssel werden der Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten, Ahmed Abul Gheit, sowie die Außenminister aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien erwartet. Zudem ist in gesonderten Runden auch ein Austausch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz sowie dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, vorgesehen. Derweil wird der Nahost-Koordinator der US-Regierung zu Gesprächen über einen Geisel-Deal in Ägypten und Katar erwartet. (dpa)