Sudanesischer Journalismus aus dem Exil

Sudanesische Journalistinnen im Exil in Kenia
Sie schreiben weiter: sudanesische Journalistinnen im Exil in Kenia (Foto: Brian Sila)

Viele sudanesische Journalistinnen und Journalisten haben ihr Heimatland verlassen, weil dort seit einem Jahr Krieg herrscht. Sie versuchen weiter zu berichten und ihrem Beruf nachzugehen. Wie Malaz Emad in Kenia. Von Birte Mensing (epd)

Nairobi/Khartum. Seit einem Jahr herrscht Krieg in ihrem Heimatland Sudan. Seit sechs Monaten hat Malaz Emad ihre Familie nicht mehr gesehen. Die Journalistin lebt im Exil in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. «Ich vermisse es, durch die Straßen von Khartum zu schlendern», sagt sie. Und: «Ich bin dankbar, dass ich mich hier mit meiner Arbeit über Wasser halten kann.»

Die 24-Jährige ist seit fünf Jahren als Journalistin tätig, anfangs parallel zu ihrem Chemiestudium, später in Vollzeit. Emad arbeitet beim Sudan Fact Center for Journalism. Sie liebt es, sich in Recherchen zu vertiefen, den Hintergründen nachzugehen.

Als der Krieg zwischen der sudanesischen Armee und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) am 15. April 2023 ausbricht, ist Emad 23 Jahre alt. Ihre Heimatstadt Khartum ist eines der Konfliktzentren, beide Parteien gehen brutal gegen die Bevölkerung vor, zerstören Wohnviertel und Infrastruktur wie Stromnetz und Krankenversorgung. «Es gibt keine Sicherheit, wenn Bomben fallen.»

Freundinnen und Freunde, auch aus dem Journalismus, wurden angegriffen und verhaftet, weil sie in sozialen Netzwerken über die Situation berichteten. «Das waren Fakten», sagt Emad. RSF und Armee haben Listen angelegt mit den Namen von Medienschaffenden, beobachten ganz genau, was sie machen. Laut «Reporter ohne Grenzen» wurden seit
Jahresanfang zwei Personen wegen ihrer journalistischen Tätigkeit getötet.

Insgesamt wurden im Sudan seit Beginn des Konflikts nach UN-Angaben mehr als 14.000 Sudanesinnen und Sudanesen getötet und noch einmal 26.000 Menschen verletzt. Über 7 Millionen sind auf der Flucht, rund 1,5 Millionen von ihnen außerhalb des Landes. Im Oktober konnte Emad an einem Kurs der Deutschen Welle in Nairobi teilnehmen und entschied sich, dort zu bleiben.

Mittlerweile sind sechs Teammitglieder des Sudan Fact Center for Journalism in Nairobi. Sie arbeiten mit freien Journalistinnen und Journalisten zusammen, die im Sudan geblieben sind, und verbreiten jede Woche die Zeitschrift «Atar» per Mail und WhatsApp. Sie betreiben investigative Recherchen und berichten beispielsweise über die Nahrungsmittelknappheit und die Geschäfte der RSF mit dem Krieg.

Die Arbeit sei belastend, aber notwendig, um eine Perspektive offenzuhalten, um ihr Land nicht aufzugeben. Besonders hart ist es für Malaz Emad, ihre Familie in ständiger Gefahr zu wissen. Ihre Eltern leben mit dem Bruder und dem Großvater noch immer in Khartum. Vergangene Woche hat sie zuletzt eine Nachricht von ihnen bekommen. Sie solle sich keine Sorgen machen, es gehe ihnen gut. «Und dann höre ich wieder lange Zeit gar nichts.» Hin und wieder kann sie ihnen Geld schicken. RSF-Milizionäre zahlen einem gegen eine Gebühr Geld aus, das ihnen jemand elektronisch über das Mobiltelefon schickt.

Doch Internet ist ein rares Gut im Sudan dieser Tage. Auch viele der Journalisten, die für das «Atar»-Network arbeiten, können es sich nur einmal die Woche leisten. Etwa 20 Euro kostet eine halbe Stunde. Das Zentrum für den Schutz von Journalisten (CPJ) fordert ein Ende des Kommunikationsblackouts im Land - und die Freilassung von inhaftierten Journalisten sowie die Aufklärung von Todesfällen.

Auch andere Preise sind ins Extreme gestiegen. Ein Auto zu mieten, um Khartum beispielsweise in Richtung der weniger vom Krieg betroffenen Stadt Port Sudan zu verlassen, kostet umgerechnet 1.500 Euro. Für einen neuen Pass, den man nur noch in Port Sudan beantragen kann, müsse man etwa 400 Euro aufbringen, sagt Emad. Für ihre Familie besteht keine Chance, das Land zu verlassen.

Mittlerweile sind ein paar dutzend Journalistinnen und Journalisten aus dem Sudan in Nairobi angekommen. Einige haben Unterstützung von Organisationen bekommen, viele schlagen sich auf eigene Faust durch. Sie vernetzen sich, unterstützen sich gegenseitig. Wie die meisten lebt Emad mit einem Touristenvisum in Kenia - eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen, ist teuer. «Wir sind gezwungen, uns über Visa Gedanken zu machen, obwohl wir unser Land nie verlassen wollten.» (epd)