Plädoyer für mehr Akzeptanz

Der Großmufti Bosnien-Herzegowinas, Rais-ul-Ulema Mustafa Ceric, kritisiert die Haltung Europas zum Islam. Europa müsse den Islam als Form kultureller Bereicherung begreifen und mehr für gläubige Muslime in der Europäischen Union tun.

Foto: AP
Großmufti Bosnien-Herzegowinas, Mustafa Ceric

​​Der Führer der Islamischen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Rais-ul-Ulema Mustafa Ceric, hat scharfe Kritik an der Behandlung von Muslimen in Europa geübt. Gläubige Muslime müssten leider immer noch häufig in Kellerräumen beten, anstatt in echten Moscheen. Sie seien ferner nur dann "erwünscht, solange sie arbeiten können", so Ceric. "Höchstwahrscheinlich gibt es eine Logik, dass zwar nicht alle Muslime Terroristen sind, aber alle Terroristen Muslime und aus diesem Grund wollen wir, dass Europa anfängt, den Islam als eine Form der kulturellen Bereicherung zu behandeln", erklärte der Führer der Islamischen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina.

Für ein islamfreundliches Europa

Auf Fragen von Journalisten in der Zeitschrift der österreichischen politischen Akademie, ob es eine Form des Islam gebe, die mit den europäischen Werten vereinbar sei, antwortete Ceric, dass "das keine Frage eines islamischen Modells sei, das mit Europa kompatibel ist, sondern eines europäischen Modells, das kompatibel mit den Muslimen ist."

Der Großmufti setzt sich bereits seit Jahren für einen Dialog zwischen europäischen Christen und Muslimen ein. Zuletzt hatte er im Juni 2003 zusammen mit der österreichischen Regierung auf einer Konferenz in Graz eine Initiative für einen Islam-Dialog in Europa ins Leben gerufen.

Mustafa Ceric ist Präsident des Ulema-Rates und Großmufti Bosnien-Herzegowinas. Er graduierte an einer Medressa in Sarajevo sowie an der Al-Azhar-Universität in Kairo. Nach seiner Rückkehr nach Bosnien wurde er Imam. Mehrere Jahre lang war er als Imam am US-amerikanischen "Islamic Cultural Center" tätig, die Doktorwürde in islamischer Theologie wurde ihm an der Universität von Chicago verliehen. Als Dozent ist er heute u.a. auch in Kuala Lumpur tätig. Zwar betrachtet der Großmufti die bosnischen Muslime als integralen Bestandteil Europas. Er sei jedoch dagegen, "gewisse sehr zweifelhafte europäische Werte zu übernehmen" und verwies dabei u.a. auf den Genuss von Alkohol.

Ceric sieht jedoch keinen Widerspruch darin, ein europäischer Muslim zu sein und gleichzeitig die Demokratie zu unterstützen. Für Muslime und andere religiöse Gruppen seien Demokratie und Schutz der Menschenrechte "die einzige Form des Schutzes".

Zu wenig europäisches Engagement für Moscheenbau

Darüber hinaus gab Ceric Europa indirekt die Verantwortung für den wachsenden Einfluss Saudi-Arabiens im Land, da Europa den Bau von Moscheen in Bosnien-Herzegowina nicht finanziell unterstütze. Die EU habe bislang nicht einen Cent für den Wiederaufbau von Moscheen angeboten, die während des Krieges in Bosnien-Herzegowina zerstört wurden, erklärte Ceric in der Zeitschrift der österreichischen politischen Akademie.

Vor allem während des Kriegs von 1992 bis 1995 sei es zu einer massenhaften Islamisierung seiner religiösen Mitgläubigen in Bosnien-Herzegowina gekommen sei. Der frühere serbische Präsident in Bosnien-Herzegowina, Radovan Karadzic, habe "mehr zu dem islamischen Erwachen der Bosniaken beigetragen, als ich es in meiner missionarischen Arbeit in den letzten 50 Jahren vermochte", sagte Ceric.

Auszüge aus: DW-Monitordienst

© DEUTSCHE WELLE / DW-WORLD.DE 2004