"Religiöse Zeichen gegen den Terror"

In der Britischen Botschaft in Berlin trafen sich Vertreter der drei großen Religionsgemeinschaften zu einer Trauerfeier für die Opfer der Londoner Anschläge. Ariana Mirza war dabei.

In der Britischen Botschaft in Berlin trafen sich Vertreter der drei monotheistischen Religionsgemeinschaften zu einer Trauerfeier für die Opfer der Londoner Anschläge. Interreligiöser Dialog und Prävention innerhalb der islamischen Gemeinden rückten dabei in den Blickpunkt. Von Ariana Mirza

Blumen bei der britischen Botschaft in Berlin für die Opfer der Londoner Anschläge; Foto: AP
In Gedenken der Opfer der Terroranschläge in London wurden bei der britischen Botschaft in Berlin Blumen abgelegt

​​Wenige Tage nach den Anschlägen in London trafen in der Britischen Botschaft in Berlin christliche, muslimische und jüdische Würdenträger zusammen, um der Opfer zu gedenken. Gemeinsam mit Vertretern aus der Politik diskutierten die Religionsexperten Strategien, um dem Terrorismus "im Namen des Glaubens" den Nährboden entziehen.

Alle Religionsgemeinschaften müssten jetzt unmissverständlich zusammen stehen, so lautete die einhellige Botschaft. Ohne die Unterschiede zwischen den Religionen zu verwischen, solle der Dialog untereinander vorangetrieben werden. Der Missbrauch, der von Einzelnen mit Begriffen des Glaubens betrieben werde, dürfe das Vertrauen der Menschen untereinander nicht beeinträchtigen.

Der britische Botschafter in Deutschland, Sir Peter Torry, betonte, Fanatismus sei eine Geisteshaltung und keine religiöse Einstellung. Deshalb sei es fatal, gläubige Muslime in die Nähe von Terroristen zu rücken.

Terror nicht religiös zu legitimieren

Wie sehr die Terrorakte jeglichem Glauben widersprechen, machten alle Religionsvertreter wiederholt deutlich. Mord und Selbstmord seien in allen monotheistischen Religionen die schwerwiegendsten Sünden, erklärte Rabbiner Yitzak Ehrenberg, orthodoxer Geistlicher der jüdischen Gemeinde zu Berlin.

"Der Islam erlaubt keine Anarchie, er erlaubt keine terroristischen Akte", ergänzte Dr. Nadeem Elyas. Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland verwies auf das diesbezügliche Manifest islamischer Theologen, das 2003 in Mekka verfasst wurde.

Als Aufgabe der Gemeinden in Deutschland sieht Elias es an, diese Grundwerte des Islams allen Gläubigen zu vermitteln. Er forderte, dass Imame in Deutschland und in deutscher Sprache ausgebildet werden sollten, um die Verbundenheit mit dem neuen Heimatland zu stärken. Parallel müsse es einen bundesweiten Schulunterricht in Islamkunde geben, der die wahren Glaubensgrundsätze vermittle.

Islam der Toleranz

Cem Özdemir, Grüner Abgeordneter des europäischen Parlaments, sprach die Verantwortung der Familie und des Einzelnen an. Seine muslimischen Eltern hätten ihm weder Hass noch Überlegenheitsgefühle, sondern einen Islam der Toleranz und Güte näher gebracht. Hier lebende Muslime würden die demokratischen Strukturen in Europa schätzen. Dies müssten sie verstärkt nach außen tragen.

Noch gefährlicher als die eigentlichen Anschläge sei die Strategie der Terroristen, die westliche und die islamische Welt gegeneinander aufzuhetzen, betonten die Experten. "Auch die Mentalität von Kreuzfahrern muss deshalb vehement zurück gewiesen werden", erklärte Bischof Clemens als Vorsitzender des ökomenischen Rates Berlin-Brandenburg.

Marieluise Beck, MdB und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration versprach einen sensiblen doch wachsamen Umgang mit orthodoxen islamischen Glaubensgemeinschaften. Sie betonte, Prävention bedeute vor allem, dass "junge Menschen die demokratische Gesellschaft als Heimat empfinden."

Ariana Mirza

© Qantara.de 2005

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