Ein unermüdlicher Sammler afrikanischer Kultur

Der Niederländer Bert Flint, der sich seit Jahrzehnten der Erforschung der ländlichen Kultur Marokkos und dem kulturellen Austausch zwischen Nordafrika und den Sahelstaaten widmet, hat seine wertvolle Sammlung der Universität von Marrakesch vermacht. Von Beat Stauffer

Bert Flint, ein seit mehr als 50 Jahren in Marokko lebender Niederländer, der sich seit Jahrzehnten der Erforschung der ländlichen Kultur Marokkos und dem kulturellen Austausch zwischen Nordafrika und den Sahelstaaten widmet, hat seine wertvolle Sammlung der Universität von Marrakesch vermacht. Beat Stauffer hat ihn besucht.

Bert Flint; Foto: Beat Stauffer
Lebt seit über fünfzig Jahren in Marrakesch: der Niederländer Bert Flint

​​Die Universität von Marrakesch will in den Räumen von Bert Flints privatem Museum ein Institut einrichten, das sich der Erforschung des reichen kulturellen Erbes der Sahara und der angrenzenden Regionen widmet. Die Eröffnung des "Institut Bert Flint pour le Patrimoine du Nord-Ouest Africain" ist für Juni 2007 geplant.

Mehr als 50 Jahre ist es nun her, seit der 1931 in der Nähe der niederländischen Stadt Groningen geborene Flint zum ersten Mal seinen Fuß auf marokkanischen Boden setzte. Er war von diesem Land sogleich so angetan, dass er nach Abschluss seines Studiums der Hispanistik, Arabistik und Kunstgeschichte nach Marrakesch zog.

Dort lebt er nun seit 1957. Ende Mai 2006, kurz nach seinem 75. Geburtstag, hat sich Bert Flint entschieden, seine wertvolle Kollektion und sein prächtiges Haus in der Altstadt von Marrakesch der dortigen Universität zu vermachen.

Frühe Sammelleidenschaft

Mehr als 25 Jahre unterrichtete Bert Flint an einem Gymnasium in Marrakesch und an der "Ecole des Beaux-Arts" in Casablanca.

Während ihn in den ersten Jahren seines Aufenthalts in Marokko vor allem die andalusisch-arabische Tradition interessierte, die etwa in Städten wie Fes und Marrakesch noch sehr lebendig geblieben ist, wandte sich Flint seit den 70er Jahren zunehmend der ländlichen Kultur und ihren vielfältigen Ausdrucksformen zu.

Dorf im Hohen Atlas; Foto: Larissa Bender
Der Hohe Atlas - die höchste Gebirgskette in Marokko

​​Er begann schon zu einem Zeitpunkt, als sich kaum jemand für solche Dinge interessierte, Textilien, Schmuck und andere Objekte der Alltagskultur zu sammeln. Auf zum Teil abenteuerliche Weise erkundete Flint die abgelegensten Gebiete des Hohen Atlas und die weiten präsaharischen Regionen und erforschte diese vor allem berberisch geprägte "Culture rurale".

Im Jahr 1981 ließ sich Flint frühzeitig pensionieren, um sich vollends seiner Sammler- und Forschertätigkeit widmen zu können. Vier Jahre später öffnete er seine private Sammlung, die in einem prächtigen Hofhaus in der Altstadt von Marrakesch untergebracht ist, dem Publikum. Seither hat das "Maison Tiskiwin" - das Wort leitet sich von einem Tanz im Hohen Atlas ab - mit seiner permanenten Ausstellung unzählige Besucher empfangen.

Austausch mit Sahelstaaten

In den letzten zehn Jahren verlagerte sich das Interesse des unermüdlichen Forschers und Sammlers zunehmend auf den Raum der Sahara und auf den Jahrhunderte langen kulturellen Austausch zwischen Marokko und den heutigen Sahelstaaten. Dieser Austausch - davon ist Flint überzeugt - hat das alaouitische Königreich weit mehr geprägt, als sich die meisten Marokkaner bewusst sind.

Seine Forschungsreisen führten Flint nun zunehmend nach Mauretanien, Mali, Niger und Burkina Faso sowie in die südlichsten Oasen Marokkos.

Dann suchte Bert Flint nach einer längerfristigen Lösung für sein Museum und entschied sich schließlich für eine Zusammenarbeit mit der Universität von Marrakesch. Ende Mai 2006 schenkte ihr Flint sein Altstadthaus sowie einen wichtigen Teil seiner großen Sammlung.

Kooperation mit der Universität

Im Gegenzug verpflichtete sich die Universität, im "Maison Tiskiwin" ein "Institut Bert Flint pour le Patrimoine du Nord-Ouest-Africain" einzurichten, das im Juni 2007 mit einem internationalen Kolloquium eröffnet wird.

Die Universität Marrakesch habe ihm zugesichert, so Flint, dass sie interessierte Studenten und Doktoranden darin unterstützen werde, durch internationale Institutionen Forschungsstipendien zu erhalten. Diese sollten dann an der Abteilung "Tourismus und kulturelles Erbe" der "Faculté de Lettres Cadi Ayyad" ein Doktorat ablegen können.

Der große Platz von Marrakesch; Foto: Larissa Bender
Marrakesch - vor allem berühmt für seinen großen Platz, den Djemaa el Fna

​​Gleichzeitig erklärte sich die Universität Marrakesch bereit, einen neuen Studiengang "Kunstgeschichte" einzurichten; ein solcher existiert bis heute an keiner marokkanischen Universität.

Zurzeit sind die Vorbereitungen in Gang, damit das neue "Institut Bert Flint" seine Aktivitäten im kommenden Sommer aufnehmen kann. Neben der permanenten Ausstellung, die im bisherigen Rahmen weiter bestehen und auch für ein breiteres Publikum zugänglich sein wird, soll das Institut eine Fachbibliothek, Arbeitsplätze für Studenten und Doktoranden sowie einen Raum für Veranstaltungen haben.

Bert Flint wird in Zukunft als "Konservator" der Sammlung wirken; die formelle Leitung des Instituts wird ein Professor der Universität Marrakesch innehaben.

Neue Pläne

Das "Institut Bert Flint" wird versuchen, die institutionelle Zusammenarbeit zwischen Ländern Nord- und Westafrikas, die bis anhin eher bescheiden ist, zu verstärken. So soll insbesondere eine Kooperation zwischen Universitäten und Museen aufgebaut werden; erste konkrete Schritte wurden mit dem "Musée Nationale du Niger" in Niamey unternommen worden.

Trotz seines respektablen Alters verfolgt Flint noch weitere Projekte. In Beni Mellal, der großen Provinzstadt am Fuß des Mittleren Atlas, steht Flint in Gesprächen über die Gründung eines Museums. Sollte dieses Projekt realisiert werden, will ihm Flint seine Textiliensammlung als Dauerleihgabe zukommen lassen.

Beat Stauffer

© Qantara.de 2007

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